Warum müssen die Priester Feuer anzünden, obwohl es bereits brennt? (3. Mose 1,7)

Wenn jemand ein Brandopfer zu den Priestern bringt, dann sollen die es auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen. Die Priester werden auch aufgefordert Feuer auf den Altar legen. So eine Aufforderung macht nur Sinn, wenn noch kein Feuer auf dem Altar brennt.

Jedoch soll auf dem Altar ja ein beständiges Feuer brennen (Siehe 3. Mose 6,6).


3. Mose 1,7
Und die Söhne Aarons, des Priesters, sollen Feuer auf den Altar legen und Holz auf dem Feuer zurichten;
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3. Mose 6,6
Ein beständiges Feuer soll auf dem Altar in Brand erhalten werden, es soll nicht erlöschen.
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Lösungsvorschläge

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Erklärungsmöglichkeit:

Im Buch 3. Mose („Levitikus“) werden ja die Ausführungsbestimmungen für den Priester- und Opferdienst erstmals vorgestellt. Deswegen ganz zu Beginn im 1. Kapitel wohl die Aufforderung das Feuer (erstmals) anzuzünden, sonst könnte es ja später dann nicht dauerhaft brennen. Der (scheinbare) Widerspruch ensteht dann in Kapitel 6:

Und der HERR redete zu Mose und sprach: Gebiete Aaron und seinen Söhnen und sprich: Dies ist das Gesetz vom Brandopfer. Das Brandopfer soll auf seiner Feuerstelle auf dem Altar die ganze Nacht bis zum Morgen verbleiben, und das Feuer des Altars soll auf ihm [d.h. dem Altar] in Brand gehalten werden. (…) Aber das Feuer auf dem Altar soll auf ihm brennend erhalten werden, es soll nicht erlöschen; darum soll der Priester Morgen für Morgen Holz darauf anzünden und das Brandopfer darauf zurichten und die Fettstücke der Friedensopfer darauf in Rauch aufgehen lassen. Ein beständiges Feuer soll auf dem Altar in Brand gehalten werden; es soll nie erlöschen!“ 3. Mose 6,1-2.5-6

Die Frage wäre ob es einem dauerhaften Feuer widerspricht jeden Morgen für Morgen (neu) Holz darauf anzuzünden:

  • a)     der Ausdruck „Morgen für Morgen Holz darauf anzuzünden“ bedeutet nicht erneut Feuer zu machen, sondern so viel Holz zuzugeben, dass das bestehende Feuer weiterhin exakt einen Tag brennt
  • b)     der Ausdruck „Morgen für Morgen Holz darauf anzuzünden“ bedeutet nicht erneut Feuer zu machen, sondern ist grob gemeint für über den Tag so viel Holz zuzugeben, dass das Feuer nach und nach immer weiter am brennen gehalten wird
  • c)      der Ausdruck „Ein beständiges Feuer soll auf dem Altar in Brand gehalten werden; es soll nie erlöschen!“ bedeutet nicht dass es von nun an bis ans Ende der Zeiten (bzw. des Ende des israelitischen Opferdienstes mit der Zerstörung des 2. Tempels 70 n.Chr. durch die Römer) durchgängig niemals mehr erlischen soll und wird (analog zur Olympischen Fackel oder ähnlichem) – sondern das Feuer soll wie in Vers 1 dargelegt zwar immer noch auch nach dem Tag noch die ganze Nacht durch am Brennen gehalten werden … dann früh morgens darf es aber erlischen und das Ritual beginnt täglich von neuem mit einem neuen Entfachen und „Morgen für Morgen Holz darauf anzuzünden“ … das wäre zwar sprachlich nicht so exakt bezgl. des Begriffs „niemals“, aber wer weiß, evtl. ja ursprünglich so gemeint gewesen

Liest man bspw. folgende Interpretation wäre c) ausgeschlossen, weil das durchgängige Feuer zentrale Symbolik hat:

One reason the ongoing fire was so important is that it was started directly by God: (…)The fire on the altar, therefore, served as a constant reminder of God’s power. It was a gift from heaven. No other source of fire was acceptable to God.” https://www.gotquestions.org/altar-fire.html

Liest man folgendes wäre es aber durchaus denkbar, weil der Schwerpunkt nicht beim Feuer selbst liegt:

Again, the burnt offering was the only offering that was entirely burned. Thus it is sometimes called the “whole” burnt offering (Deuteronomy 33:10; Psalm 51:19). The burning was so gradual that it should last from morning to evening or from one daily sacrifice to the next. It was commanded that the fire on the altar should never go out. The emphasis, however, was not on the continuous fire but on the continual burnt offering, which symbolized the consecration of the nation unto God.” https://blogs.bible.org/the-five-fire-sacrifices-and-offerings-of-israel-the-burnt-offering/

Wobei in der späteren Praxis im Jerusalemer Tempel dann wohl eher ein permamentes Feuer der Fall gewesen sein dürfte – aber das eben nicht unbedingt heiße muss es galt während des Exodus ursprünglich dasselbe:

The flesh of the animal was divided according to detailed instructions given by the Talmud (Tamid 31), and would then be placed on the wood on the altar (which was constantly on fire due to the large number of sacrifices carried out daily), and slowly burnt. After the flesh (including any horns and goats' beards) had been reduced to ashes, usually the following morning, the ashes were removed by a Kohen, as refuse, and taken to a ritually clean location outside the Temple.“ https://en.wikipedia.org/wiki/Burnt_offering_(Judaism)

Von: Markus M.
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Erstens gab es den Brandopferaltar mit einem brennenden Opfer darauf bereits in 2. Mose 40,29 und zweitens deutet nichts in 3. Mose 1 darauf hin, dass es hier um ein erstmaliges Anzünden geht.

Es ist interessant, was du immer für Ausdrucks-Bedeutungen auf Lager hast, obwohl du kein Hebräisch kannst. In 3. Mose 6,6 steht eindeutig לֹ֥א תִכְבֶֽה "nicht ausgehen/erlöschen". Hier ist also definitiv von einem dauerhaften Feuer die Rede.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Na ja, so einfach und schnell abgehandelt ist das alles sicher nicht. Zeigt sich ja auch bei anderen Stellen, wo es sich um Missverständnisse handelt oder Dinge im Nachhinein vielleicht zu eng gesehen wurden aufgrund der - auch aufgrund des zeitlichen Abstands zu damals - beschränkten Sichtweise einiger moderner Übersetzer und Ausleger. Es ist auch nicht generell so, dass einzelne Worte oder Ausdrücke im Kontext gesehen nicht eine weitere Bedeutung haben können, wie in anderen Sprachen auch. Bspw. sprichwörtliche Bedeutungen, was es nicht nur im Deutschen gibt sondern in der Sprachgeschichte und Literatur der Menschen generell eine große Rolle spielt. Auch und besonders im Hebräischen mit vielen literarischen Konstrukten und Sprichwörtern, wozu man nicht unbedingt Hebräisch gelernt haben muss.

Insofern wie oben gesagt gibt es verschiedene Möglichkeiten und eine (wenn auch vielleicht unwahrscheinliche) ist das „niemals ausgehen“ auf Tag & Nacht zu beziehen … aber trotzdem evtl. ein kurzes Ausgehen und Neuanzünden am Morgen zuzulassen. Wenn der Schwerpunkt auf dem Feuer liegt wird das so sicher nicht gewesen sein, aber vielleicht trotzdem eine Möglichkeit und deshalb erwähnenswert (siehe der eine Link oben).

Ansonsten bleiben dann noch die Optionen a) und b) und klarerweise muss das Feuer irgendwann mal angezündet worden sein. Auch wenn das vorher während des Exodus schon beschrieben ist, macht es natürlich Sinn im des Buches Levitikus, welches selbst gar keine eigene Handlung hat sondern parallel zu den anderen Mose-Büchern läuft und selbst nur die Vorschriften zu Priester- und Opferdienst erklärt, ganz an den Anfang zu setzen, dass und wie das Feuer zunächst angezündet wird und dann am Brennen gehalten werden soll.

Von: Markus M.
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Welche andere oder weitere Bedeutung sollte "es soll nie erlöschen" denn sonst haben?

Die Optionen a und b lösen das Problem nicht. Sie setzen beide voraus, dass ein beständiges Feuer brennt.

Ich denke wir sind uns einig, dass ein parmanentes Feuer am Altar brennen soll und die Juden stickt darauf geachtet haben, dass das Feuer nicht erlischt (auch nicht in der Nacht).

Der Widerspruch, der ensteht, liegt in 3. Mose 1. Dort redet Gott zum Volk (siehe V.2) was es tun soll, wenn es ein Brandopfer bringen will. Vers 7 ist hier eingebettet und ist sicher nicht als eimaliges Handeln zum erstmaligen Anzündes des Altars zu verstehen. Zumal, wie schon erwähnt, die Einweihung der Stiftshütte und des Altars bereits in 2. Mose 40 geschehen ist. 3. Mose 1 findet zeitlich definitiv nachher statt, wie auch V. 1 deutlich macht.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Die weitere Bedeutung wäre (hypothetisch) – d.h. Option c) – es soll „Tag und Nacht“ nie erlöschen. Aber am Übergang von der Nacht zum Tag, wenn alles neu beginnt, beginnt das Ritual aufs Neue. D.h. „nie erlöschen“ bezogen auf einen 24-Stunden-Zeitraum oder einen Tag – nicht auf mehrere Tage hintereinander gesehen „ewig“ und quasi für immer bis heute. Das hieße es kann im Morgengrauen auch kurz ausgehen und wird täglich neu entfacht. Wie gesagt unwahrscheinlich und vermute ich auch nicht, ist aber theoretisch – wenn man die Begriffe weit dehnt – wohl schon irgendwie denkbar. Aber wie oben gesagt sehr unexakt und würde ich auch nahezu komplett ausschließen.

Bei Option a) und b) brennt das Feuer wirklich permanent, was wohl deutlich wahrscheinlicher ist und ja auch passt. Ob 3. Mose 1 aber wirklich nach 2. Mose 40 stattfindet, wäre ich mir nicht so sicher. Es kann auch, wie so oft im Alten Testament oder später sogar in der Johannes-Offenbarung so sein, dass in einem Kapitel ein Überblick und eine kurze Abfassung über eine Handlung gegeben wird und dann in den Folgekapiteln das selbe noch mal im Detail ausgeführt wird. Das ist natürlich aus heutiger Sicht verwirrend, wo man einen fließenden kontinuierlichen Text erwartet. Allerdings werden Sachbücher oder Berichte auch oft anders strukturiert (bspw. nach Themengebieten), aber zum besseren Verständnis heute Inhaltsverzeichnissen, Erläuterungen zur Struktur etc.

Bspw. 1. Mose 10 die Zusammenfassung mit der Völkertafel und dann danach im Detail die Turmbau-Geschichte Babels und als Gegenstück dazu die Erzählung über die Stammväter von Abraham an. Oder in der Offenbarung in Kapitel 16 die Zusammenfassung über das Gericht über Babylon, was dann in Kapitel 17-19 im Detail geschildert wird. So könnte hier 2. Mose 40 grob die Einweihung der Stiftshütte beschrieben haben. Dasselbe Ereignis im Detail – hier speziell bzgl. der für das Buch Levitikus wichtigen Priester- und Opferrituale – enthält dann die Vorschriften bzgl. des Altars. Zumal es in 2. Mose 40,29 ja auch nur grob heißt: „Aber den Brandopferaltar setzte er vor den Eingang der Wohnung, der Stiftshütte, und opferte darauf Brandopfer und Speisopfer, so wie der HERR es Mose geboten hatte.“

Wie das opfern genau im Detail zu geschehen hatte und die ausführliche Beschreibung des Berichts als Gott es Moses und Aaron persönlich erklärte wird dann wohl erst im darauffolgenden Kapitel in 3. Mose 1 erläutert, kann aber gut schon während der bzw. parallel zur Einweihung der Stiftshütte geschehen sein. Und 3. Mose 1 nur ein Detailbericht zu 2. Mose 40 aus spezieller Levitikus-Sicht bzgl. Priester- und Opferdienst/ -vorschriften.

Von: Markus M.
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

"Ob 3. Mose 1 aber wirklich nach 2. Mose 40 stattfindet, wäre ich mir nicht so sicher."
Ich weiß nicht, wie du immer auf so abstruse Ideen kommst, noch dazu, wenn ich extra die Bibelverse angebe! In 2. Mose 40,34 zieht die Herrlichkeit Gottes in das Zelt der Begegnung (die war vorher noch nicht drinnen) und in 3. Mose 1,1 redet Gott aus dem Zelt der Begegnung, demnach ist es eindeutig, dass 3. Mose 1 zeitlich nach 2. Mose 40 stattfindet. Ich versteh nicht, wie man sich da nicht so sicher sein kann...

Dass es andere Bibeltexte gibt die nicht chronologisch sind ist ja klar, hat aber mit der Sache hier rein gar nichts zu tun.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Ja das passt doch auch gut zusammen, aber die Geschichte in 2. Mose 40 enthält die Kurzusammenfassung und damit den Ausblick auf das nächste Buch. Da geschehen die Ereignisse rund um die Einweihung der Stiftshütte (zu denen auch der Brandopferaltar gehört).

In diesen kurzen Bericht dieses Ereignisses hätte es aber rein literarisch und textlich nicht reingepasst noch die ganzen ausführlichen Anweisungen rund um Priesterdienst im Detail reinzupacken.

So wie heute ein Bericht in der Zeitung oder einer Chronik aufgenommen wird, dass irgendwo ein Land eine Verfassung verabschiedet hat. Es waren Gäste da und dies und das ist passiert. Am Ende wie 2. Mose 34-38 ein Ausblick auf die Zukunft („Denn die Wolke des HERRN war bei Tag auf der Wohnung, und bei Nacht war Feuer darin [d.h.  in der Wolke] vor den Augen des ganzen Hauses Israel, während aller ihrer Wanderungen.“)

Aber die Verfassung selbst mit ihren vielen Paragraphen findet man ausgelagert in einem extra Buch wie unserem Grundgesetz, wie hier eben dem speziell dafür verfassten 3. Mose „Levitikus“. Ansonsten wäre der Bericht nicht nur nahezu unlesbar, würde nirgendwo reinpassen und wäre auch völlig unhandlich. Gleichzeitig bildet das Kapitel hier so auch neben der Aufteilung auch den passenden Übergang zwischen Buch Exodus und Levitikus. Wenn irgendwo am Anfang oder in der Mitte vom Buch Exodus das Feuer schon angezündet worden wäre – völlig in anderem Zusammenhang bzw. zusammenhangslos – und das nicht so literarisch ineinander passen würde wie hier, könnte es ja durchaus ein Widerspruch sein. Aber bei dem Fall hier wohl eher nicht.

Von: Markus M.
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Gutes Beispiel. Und jetzt übertrage es mal auf den Bibeltext. Wie du dir hier denken kannst, behandelt die Verfassung allgemeine immer-gütige Angaben und nicht wie etwas einmalig beim ersten Mal angewendet werden soll und dann nicht mehr.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 28 Februar
(vor 1 Jahr)

Die Tora ist das zentrale Element des jüdischen Glaubens - insbesondere seit dem Exodus unter Moses als (erweitertem) Gründungsakt des Volkes Israel. Darin elementar und wahrscheinlich nicht zufällig zentral platziert findet sich das 3. Buch Moses namens "Levitikus". Die Aussagen darin gehen teils bis in die Ewigkeit (wenn auch manche nach Neuem Testament zumindest für Heidenchristen nicht mehr), aber jedenfalls in Teilen schon deutlich länger als jede existierende Verfassung der Welt (selbst wenn man weitergefasst Dinge wie die Magna Charta von 1215 dazunimmt).

Ob in einem solchen Werk in der Präambel vorkommt, ganz am Anfang die Unterschriften der Stifter der Verfassung bzw. Gründerväter zu sammeln oder eben wie hier Gottes (ewiges) Feuer erstmalig anzuzünden? Das liegt zumindest nahe, zumal man so in einem(!) Buch (Bibel bedeutet ja „Buch der (vielen, verschiedenen) Bücher“) speziell(!) für die Priester noch mal alles wichtige diesbzgl. von Anfang an beieinander hat. Denke das Prinzip ist klar geworden und braucht man hier nicht weiter auszudiskutieren. Ob man es (auch hier in dem Fall) für plausibel hält, mag jeder selbst für sich beurteilen.