Erwähnung des Tempels, den es noch gar nicht gab (1. Samuel 1,9)

1. Samuel 1,9 liest man, dass der Priester Eli im Eingang des Tempels saß (vgl. 1. Samuel 3,3)

Jedoch gab es zu dieser Zeit den Tempel noch gar nicht. Dieser wird erst in 1. Könige 6 unter König Salomo gebaut.

Was also ist hier mit Tempel gemein?

Übrigens ist das hier in Samuel die erste Erwähnung des Wortes "Tempel" hebr. היכל (heikal).


1. Samuel 1,9
Und Hanna stand auf nach dem Essen und nach dem Trinken zu Silo. Eli, der Priester, saß aber auf dem Stuhle an einem der Türpfosten des Tempels der HERRs.
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1. Samuel 3,3
und die Lampe Gottes war noch nicht erloschen, und Samuel lag im Tempel des HERRN, woselbst die Lade Gottes war,
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Lösungsvorschläge

Von: Daniel Nixdorf
◷ 24 Februar
(vor 1 Jahr)

Erklärungsmöglichkeit:

Es handelt sich hier um den (provisorischen, vorstaatlichen) Tempel von Silo, d.h. nicht den späteren Jerusalemer Tempel, was also keinen Widerspruch darstellt. Offensichtlich hat man nach dem Exodus nicht nur die provisorische Stiftshütte weiter in Betrieb gehalten, sondern übergangsweise einen provisorischen Tempel betrieben bis später im Königtum unter David und insbesondere Salomo die Vorbereitung und Umsetzung des berühmten Tempels in Jerusalem abliefen:

Aber die Lampe Gottes war noch nicht erloschen; und Samuel schlief im Tempel des HERRN, wo die Lade Gottes war. (…) Samuel aber wuchs heran, und der HERR war mit ihm und ließ keines von allen seinen Worten auf die Erde fallen [d.h. er ließ keines seiner Worte unerfüllt]. Und ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, daß Samuel als ein Prophet des HERRN bestätigt war. Und der HERR erschien weiterhin in Silo [hebr. „Schiloh“, d.h. »Ort der Ruhe« (vgl. 1. Mose 49,10 & Josua 18,1)]; denn der HERR offenbarte sich dem Samuel in Silo durch das Wort des HERRN.“ (1. Samuel 3,19-21)

Und das Volk sandte nach Silo und ließ die Bundeslade des HERRN der Heerscharen, der über den Cherubim thront, von dort holen. Und die beiden Söhne Elis, Hophni und Pinehas, waren dort bei der Bundeslade Gottes.“ (1. Samuel 4,4)

s.a.: „Silo (Schreibweise der Lutherbibel) bzw. Schilo (Schreibweise gemäß Loccumer Richtlinien) ist eine in der Hebräischen Bibel erwähnte Siedlung, die nach biblischer Darstellung in Israels vorstaatlicher Zeit ein JHWH-Heiligtum besaß, in dem die Bundeslade aufbewahrt wurde. Die Hebräische Bibel bietet drei Varianten der Schreibweise: שִׁלֹה Šiloh, שִׁלוֹ Šilô und שִׁילוֹ Šîlô. Der biblische Ortsname Silo wird mit dem heutigen archäologischen Stätte Khirbet Sailūn, 30 km nördlich von Jerusalem im Westjordanland, identifiziert.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Silo_(biblischer_Ort)

„Die ersten vier Kapitel des 1. Samuelbuchs (Samuelbücher) erzählen die Geburts- und Jugendgeschichte Samuels (Na’aman 2017). Silo wird als zentrales Heiligtum Israels beschrieben, an dem ausschließlich Jhwh verehrt wird. Hier findet jedes Jahr ein Opferfest statt, zu dem Samuels Familie regelmäßig hinaufzieht (1Sam 1,3.7.21.24). In Silo scheint ein Tempelgebäude zu stehen, das entweder „Haus Jhwhs“ (bêt jhwh1Sam 1,7.241Sam 3,15) oder „Heiligtum Jhwhs“ (hêkhal jhwh) genannt wird (1Sam 1,91Sam 3,3). Daneben befinden sich in Silo das Begegnungszelt (1Sam 2,22) und die Lade (1Sam 3,3), also die beiden wichtigsten Kultgegenstände der Wüstenwanderungszeit. Das Heiligtum erscheint somit als Präfiguration des Jerusalemer Tempels (1Kön 6-7).“ https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/28719/

Von: Markus M.
◷ 24 Februar
(vor 1 Jahr)

Ein provisorischer, vorstaatlicher Tempels der HERRN? Hast du dafür irgendeinen Beleg, dass es so etwas gab? Das Wort für "Tempel" hebr. היכל (heikal) ist hier ziemlich eindeutig und hat nichts mit einem Zelt oder der Stiftshütte zu tun.

In 2. Samuel 7,2 sagt David zu Nathan: "Siehe, ich wohne in einem Zedernhause, und die Lade Gottes wohnt unter den Teppichen." und im Vers 6 heißt es "Denn ich habe in keinem Haus gewohnt von dem Tag an, als ich die Kinder Israels aus Ägypten heraufführte, bis zu diesem Tag, sondern ich bin stets in einem Zelt und in einer Wohnung umhergezogen!
Das beweist, dass es nur die Stiftshütte gab und keinen Tempel und auch kein Haus JHWHs.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Der Text redet von einem Tempel in Silo in dem sich auch die Lade befindet. Wie vermutet wurde die Stiftshütte weiterbetrieben (siehe u.a. 2. Samuel 7), aber nach den Geschehnissen während des Exodus unter Moses und der Landnahme unter Josua dann eben nicht mehr wie ein mobiles Heiligtum bewegt.

Hier liegt die Vermutung nahe, dass man diese jetzt unmobil gewordene Stiftshütte in den Königsbüchern bereits anfing als Tempel zu bezeichnen. Die Errichtung eines endgültigen Tempels ist ja Kern dieser Bücher und der Begriff zentral geworden im israelitschen Denken (letztlich ja über die diversen Nachbauten bis heute). In der Praxis ist die Stiftshütte ja, sobald sie verortet war auch genau das. Vielleicht hat man auch in der Zeit darum noch provisorisch etwas ausgebaut ? Wer weiß, jedenfalls zieht sie (bzw. falls endgültig in 1. Samuel 4 zuvor an die Philister verlorengegangen dann eine Nachbildung) inkl. der Lade dann ja in 1. Könige 8,4 um von Silo nach Jerusalem in Salomos Tempel. D.h. auch hier (wieder?) wird sie dann Bestandteil des diesmal endgültigen Tempel-Heiligtums:

Und alle Ältesten von Israel kamen, und die Priester trugen die Lade des HERRN, und sie brachten die Lade des HERRN hinauf, dazu die Stiftshütte [w. „das Zelt der Zusammenkunft“] und alle Geräte des Heiligtums, die in dem Zelt waren. Das trugen die Priester und Leviten hinauf.“ 1. Könige 8,3-4 

Zu vermuten, dass schon zuvor in Silo etwas dazu oder herum gebaut wurde im Sinne eines Tempel-Gebäudes ist weitgehend Spekulation und 2. Samuel 7 scheint dem auch zu widersprechen. 1. Samuel 1,9 spricht von einem Türpfosten des Tempels, was aber auch nur ein zusätzlich gebauter Eingang bzw. auf ein Tor eines evtl. umzäunten Außenbereichs hinweisen kann:

Und [eines Tages] stand Hanna auf, nachdem sie in Silo gegessen und getrunken hatte. Eli, der Priester, saß eben auf seinem Stuhl beim Türpfosten des Tempels des HERRN.“ 1. Samuel 1,9 

Der vorangegangene Vers zeigt jedoch ganz klar, dass es sich um keine Verwechslung mit dem späteren Tempel in Jerusalem handelt, da die Szene explizit in Silo verortet wird. 2. Samuel 7 übersetzt die Schlachter 2000 dann folgendermaßen:

Und es geschah, als der König in seinem Haus wohnte und der HERR ihm [d.h. David] Ruhe gegeben hatte vor allen seinen Feinden ringsumher, da sprach der König zu dem Propheten Nathan [bed. „Er (Gott) hat gegeben“]: Siehe doch, ich(!) wohne in einem Haus aus Zedernholz, aber die Lade Gottes wohnt unter Teppichen!2. Samuel 7,2

D.h. in der Übersetzung hier wird bspw. interpretiert, dass die Lade unter Teppichen, d.h. nach wie vor in einer Art Stiftshütte wohnt (evtl. ein Nachbau nach dem Verlust an die Philister in 1. Samuel 4) aber(!) Gott (mittlerweile?!) in einem Haus aus Zedernholz wohnt. Man kann „blumig“ die Zedern als „unter freiem Himmel“ nur unter den Bäumen verstehen („Zedernhaus“) oder wie die Schlachter es wohl nahelegt als ein tatsächliches Gebäude („Haus aus Zedernholz“). Auf das Holz der originalen Stiftshütte scheint es sich wohl nicht zu beziehen, da diese Akazienholz verwendete:

Und die Bretter der Wohnung sollst du aus Akazienholz machen, aufrechtstehend. (…) Und du sollst Riegel aus Akazienholz machen, fünf für die Bretter auf der einen Seite der Wohnung, und fünf Riegel für die Bretter auf der anderen Seite der Wohnung, und fünf Riegel für die Bretter auf der Rückseite der Wohnung, nach Westen zu. Und der mittlere Riegel soll mitten durch die Bretter hindurchgehen von einem Ende zum anderen. Und du sollst die Bretter mit Gold überziehen und ihre Ringe aus Gold machen, die die Riegel aufnehmen sollen; auch die Riegel sollst du mit Gold überziehen2. Mose 26,15.26-29

Vielleicht hat man nach dem Verlust der Stiftshütte an die Philister in 1. Samuel 4 und der Zerstörung von Silo diese mit Zedernholz vom Libanon ersetzt. Oder es gab doch ein provisorisches, vorstaatliches Gebäude, wie es oben die Ausarbeitung auf bibelwissenschaft.de vermutet. Wer weiß?

Aber das so oder so in Silo das Heiligtum inkl. der Lade war gibt der Text selbst her. Es ist jedenfalls interessant, dass man hier statt Stiftshütte den Begriff Tempel verwendet, was wohl darin begründet liegt, dass es in der Zeit schon vom mobilen Heiligtum übergegangen war zu einem festverorteten – und das über einen sehr langen Zeitraum. Von der Funktion her – die bzgl. des Tempels in der Bibel vom Garten Eden über Orte wie Beth-El oder die Stiftshütte und später Salomos Tempel bis hin zum lebendigen Tempel der Herzen der Gläubigen reicht – war die Stiftshütte ja sowieso von Anfang schon immer Tempel. Interessant natürlich wie der Begriff sich im Lauf der Zeit gewandelt hat.

Hier noch einige Artikel über Ausgrabungen in Israel aus dieser Zeit, wo es um jahrhundertelangen Aufenthalt der Stiftshütte in Silo geht:

Von: Markus M.
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Dus schreibst „Hier liegt die Vermutung nahe, dass man diese jetzt unmobil gewordene Stiftshütte in den Königsbüchern bereits anfing als Tempel zu bezeichnen.

Das ist falsch! Mit היכל (heikal) wird in den Königsbüchern nur der Salomonische Tempel bezeichnet.

In den Königsbüchern wird klar zwischen der Stiftshütte und dem Tempel unterschieden!

Die Stiftshütte ging übrigens in 1. Samuel 4 nicht verloren, sondern nur die Bundeslade! Deswegen gibt es auch keine Stiftshütte 2.0 wie von dir vermutet.

Auch wohnt in 2. Sam. 7,2 nicht Gott in einem Haus aus Zedernholz, sondern David.

Und wenn du schon WiBiLex verweist, solltest du den ganzen Artikel lesen. Dort heißt es nämlich:

Die Ähnlichkeiten zwischen dem Heiligtum in Silo und dem Jerusalemer Tempel sind bereits der frühen rabbinischen Exegese aufgefallen. Sie werden bis in jüngste Zeit diskutiert (Knittel 2019, 13-27). Dabei wird ernsthaft erwogen, dass in Silo neben dem Zeltheiligtum kein tempelartiges Gebäude stand, sondern dass die entsprechende Beschreibung in 1Sam 1-4 ein literarisches Konstrukt ist, das sich am Jerusalemer Tempel orientiert (Haran 1962). Zweifel an einem Tempelgebäude in Silo lässt auch die Formulierung von 2Sam 7,6 aufkommen, nach der Jhwh seit dem Auszug aus Ägypten bis in die Tage Davids nie in einem Haus gewohnt hat. Zumeist werden die sich aus dem Nebeneinander von Tempelgebäude, Zelt der Begegnung und Lade ergebenden Fragen jedoch literar- bzw. redaktionskritisch gelöst, wobei viele Auslegende die Erwähnung des Zelts für einen späten Nachtrag halten (u.a. Stoebe 1973, 114f; McCarter 1980, 81; Dietrich 2010, 125.135; Knittel 2019, 83-85).

Es bleibt also wie du schreibst „Zu vermuten, dass schon zuvor in Silo etwas dazu oder herum gebaut wurde im Sinne eines Tempel-Gebäudes ist weitgehend Spekulation und 2. Samuel 7 scheint dem auch zu widersprechen.“

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Das „heikal“ in den Königsbüchern oder generell immer nur den Salomonischen Tempel bezeichnet ist eine mögliche Interpretation, die aber ja nicht stimmen muss. Dann kommt man natürlich zu der Idee bzw. in die Sackgasse, der „heikal“ in 1. Samuel 1-3 wäre eine Verwechslung mit dem noch nicht bestehenden Jerusalemer Tempel. Aber da steht deutlich, dass die Szene in Silo spielt, wo auch die Lade beherbergt war.

Da die restliche Geschichte ansonsten von Zeit und Ort passend ist, wäre dann also nur der Begriff ein Problem. Insofern müsste es sich um einen Fehler im masoretischen Text handeln. Allerdings hat die Septuaginta den Begriff auch ähnlich mit „naos“ übersetzt (Tempel in Jerusalem, aber auch generell … später auf die Kirche bezogen als Wohnort des Heiligen Geistes) und dann liegt es doch viel eher nahe, dass der Fehler darin besteht den Begriff so künstlich einzuengen.

Gibt man den Begriff in den Übersetzer kommt „Haus, Halle, Saal, Kammer, Gerichtsgebäude“ etc. … und auch da nicht ein Eigenname wie auschließlich „der Jerusalemer Tempel“ für den es ja dann auch andere Bezeichnungen gibt („Bet HaMikdasch“). Also naheliegend, dass der Tempelbegriff hier am Anfang der Königsbücher generell gefasster ist und noch nicht explizit den Jerusalemer Tempel meint, den Salomo bauen lies und um den sich dann später so vieles drehte.

Auch im späteren Judentum gab es dann weitere recht unbekannte Tempel wie bspw. den von Elephantine in Ägypten bei den im Exil lebenden Juden dort oder das Gegenheiligtum der Samarier auf dem Garizim. Also scheint im Judentum sogar in der späteren Zeit auch nicht alles nur auf Jerusalem fixiert gewesen zu sein, sondern pluralistischer und der Begriff „Tempel“ an sich im Kontext der damaligen Kultur nicht nur ganz ausschließlich immer nur auf Jerusalem bezogen (von den ganzen Heidentempeln drum herum und später sogar im eigenen Land selbst, ganz abgesehen).

Und wie gesagt, ist es durchaus vorstellbar dass es in der langen Zeit als Stiftshütte und Lade in Silo waren (siehe Links oben), der Tempelbegriff langsam anfing sich darauf auszudehnen und zu Beginn von 1. Samuel synonym verwendet wird. Nicht abwegig, wobei der Verlust der Stiftshütte m.E. auch nirgendwo beschrieben wird und ich davon nicht ausgehe, es aber als Möglichkeit erwähnte, da in den Quellen oben die Vermutung besteht sie wäre mit der Lade von den Philistern geraubt bzw. zerstört worden und jedenfalls nicht wie die Lade wieder zurückgeschickt worden.

Danke für die Korrektur bzgl. Davids Haus aus Zedernholz, da hatte ich den Satz davor vorhin kurz überlesen. Aber interessant, dass für Gott ja auch dasselbe gilt mit der Wohnstätte in der aus Zedernholz gefertigten Bundeslade (die dann im Tempel im Allerheiligsten stand).

Bzgl. WibiLex ist das immer so eine Sache, da man das zwar mal gut querlesen kann (ähnlich wie Wikipedia) um bspw. zu zeigen, dass ein Thema generell diskutiert wird und überhaupt besteht (wie die Diskussion um eine Heiligtum in Silo), aber die Antworten die da dann gebracht werden kommen generell immer aus der bibelkritischen Schule. D.h. für Atheisten sicher ansprechend, aber eben durch ein ganz bestimmte Brille während andere Argumente, die für die Glaubwürdigkeit der Bibel sprechen oft weggelassen werden.

Ergo würde ich bei dem Teil dann nicht mehr mitgehen, muss aber natürlich sagen, dass man heute nicht mehr genau weiß, wie die Stiftshütte in Silo längerfristig angelegt war. Man hat heute teilweise ausgemusterte Flugzeugträger zu Museen umgebaut und denkt generell immer sehr groß. Aber auch der Jerusalemer Tempel war dann sehr bescheiden. Ich vermute bzgl. Silo wenn, wie oben beschrieben, einen Zaun/ Mauer drumherum mit einem Tor, wegen des erwähnten Türpfostens oben. Also keine Veränderung der ursprünglichen Beschreibung und Bausubstanz aus dem Exodus, auch keine Erweiterung aber wohl eine passende Gestaltung der Umgebung, was logisch ist und für einen einige hundert Jahre festen Standort auch angebracht. Und wie gesagt kann man eine Einbürgerung des Begriffs bzw. Synonym-Verwendung des Begriffs „Tempel“ dann auch schon für diesen Ort im Lauf der Jahrhunderte wo die Stiftshütte dort war (laut den Links oben über 300 Jahre) auch als plausible Erklärungsmöglichkeit annehmen.

Von: Markus M.
◷ 26 Februar
(vor 1 Jahr)

Keine Ahnung, was du für einen Übersetzer verwendest, aber zu behaupten das hebräische heikal oder das griechische naos hätten auch die Bedeutung von „Haus, Halle, Saal, Kammer, Gerichtsgebäude“ ist definitiv falsch! 

Genauso wie deine Vermutung die Stiftshütte wäre an die Philister verloren gegangen. Nirgendwo in der Bibel steht das geschrieben, noch gibt es etwas was darauf hindeutet.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

(…) wobei der Verlust der Stiftshütte m.E. auch nirgendwo beschrieben wird und ich davon nicht ausgehe, es aber als Möglichkeit erwähnte, da in den Quellen oben die Vermutung besteht sie wäre mit der Lade von den Philistern geraubt bzw. zerstört worden und jedenfalls nicht wie die Lade wieder zurückgeschickt worden.“

Ich selbst habe das nicht vermutet, aber man findet es in den Quellen oben und im Netz generell hier und da. Also vermuten das offensichtlich manche Leute, wobei es wie gesagt in der Schrift selbst m.E. nicht beschrieben wird (vielleicht in manchen jüdischen Pseudoepigraphen, Apokryphen, Kommentaren mancher Rabbis ?). Man kann natürlich zu recht bei einer Sache sagen zu der nichts geschrieben ist, dass nichts darauf hinweist. Ich hätte das jedenfalls auch nicht erwähnt, wenn es nicht offensichtlich manche Leute (wohl jüdische Quellen bzw. Archäologen?) anders sehen würden. Das ist aber glaube ich hier auch eher nebensächlich, da das ja wenn sowieso erst in 1. Samuel 4 stattgefunden hätte, als die Philister die Lade raubten und die Diskussion ja hier um 1. Samuel 1-3 geht, als die Stiftshütte inkl. Lade definitiv noch in Silo waren.

Zu den Begriffen: die Eindeutigkeit feszulegen ist immer so eine Sache und lange nicht so klar, wie manchmal behauptet wird. Sprache ist dynamisch und lebt, so wie auch die Verwendung bestimmter Begriffe und was damit ausgedrückt wird. Die Varianten oben bzgl. „naos“ hatte Google ausgespuckt, schaut man bspw. bei Wikipedia bedeutet es in der Antike „Tempel“ … aber eben nicht „Jerusalemer Tempel“ oder „Salomos Tempel in Jerusalem“. Im heutigen Griechisch bedeutet es dann außerdem auch „Gemeinderaum im Kirchengebäude“, „Kirche“, „Synagoge“, „Moschee“, „Pagode“ etc. … d.h. die Verwendung des Begriffs hat sich ausgedehnt im Lauf der Zeit, weswegen Google wohl auch mittlerweile Kammer oder Saal mitanbringt: https://de.wikipedia.org/wiki/Naos_(Architektur)

Schaut man bzgl. „heykal“, so findet man „Palast“, „Tempel“, „Halle“ etc.: https://www.biblestudytools.com/lexicons/hebrew/nas/heykal.html

Wahrscheinlich wird das von Wörterbuch zu Wörterbuch (oder Lexika, die sicher dieser bedienen) etwas anders sein, jedenfalls scheint es aber nicht so zu sein, dass es ein ganz spezieller und einmaliger Eigenname nur für den(!) Tempel in Jerusalem war. Und selbst wenn das zu bestimmten Zeiten der Fall gewesen ist, so wäre immer noch offen ob der Begriff vorher und später dann im Lauf der Zeit wieder auch immer so speziell eingeengt der Fall gewesen ist (wie gesagt Sprache und ihre Verwendung ist dynamisch).

Würde hier klipp und klar stehen in 1. Samuel 1-3 „der Tempel von Jerusalem“ obwohl dann noch vom Ort Silo die Rede ist und es zeitlich gar nicht hinhaut, wäre das ein klarer Fehler. Aber so bei der Sachlage sieht es nach einem Missverständnis beim Lesen aus wegen des zugegebenermaßen missverständlichen Tempelbegriffs, der da in den Samuel- und Königsbüchern Einzug in Israel hält. Die Stiftshütte wird zwar dann noch namentlich extra erwähnt und unterschieden, bspw. bei ihrem Umzug in Salomos Tempel in 1. Könige 8. Aber das man den über 300-Jahre alten festen Aufenthaltsort der Stiftshütte … also vielleicht auch mehr den Platz/ Ort an sich als diese selbst, in der Zeit begann im Volk als „Tempel“ zu bezeichnen (od. als Synonym) ist nicht abwegig. Und selbst wenn nicht hat es für die Schreiber von Samuel- und Königsbüchern (die ja eine Einheit darstellen = in der Septuginta 1.-4. Könige) vielleicht Sinn gemacht den Begriff einheitlich für Silo und Jerusalem zu verwenden, weil das Konzept das selbe ist und der Begriff dann für das Heiligtum Israels eh in aller Munde war.

Von: Markus M.
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Du hast in deinem zweiten Kommentar drei Mal den "Verlust der Stiftshütte" aufgegriffen/thematisiert und jetzt behauptest du, dass du es selbst nicht vermutet hast? Wenn du es selbst nicht vermutest und auch nichts in der Bibel selbst dazu zu finden gibt, dann bitte spar dir solche Aussagen das nächste Mal. Wir behandeln hier ja keine abstrusen Theorien aus irgendwelchen Pseudoepigraphen oder Apokryphen. Zumal das schon wieder eine Behauptung ohne Quellenangabe von dir ist.
Ich denke auch, dass es dir obliegt ein Argument, was irgendwo im Netz herumgeistert, erstmal selbst zu prüfen, bevor du es hier mehrfach erwähnst.

Auch habe ich dir bereits in einem anderen, früheren Post mitgeteilt, dass du bitte Fach-Wörterbücher verwenden sollst, wenn du schon auf Wörter in einer anderen Sprache eingehst. Dass du hier einfach das erstbeste (und definitiv falsche) Google Ergebnis postest, zeigt nicht gerade dein Bemühen um eine korrekte Antwort. 

Das Samuelbuch kennt die Bezeichnung אֹהֶל מֹועֵד (Zelt der Zusammenkunft / Stiftshütte) in 1. Samuel 2,22. Die Frage ist also, warum verwendet der Schreiber in 1. Samuel 1,9 und 3,3 das Wort היכל (heikal) was eigentlich eine Bezeichnung für den Tempel ist, wenn es um das selbe Gebäude geht? Meines Erachtens ist das hier ein Beispiel dafür, dass keine Inspiration im Spiel war, denn Gott hätte ja darauf achten können, dass Wörter verwendet werden, die im Nachhinein keine Verwirrung stiften.

Beachtenswert ist auch der Abschnitt "Der Text des Samuelbuches" im Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Buch_Samuel wo es heißt "Vom Samuelbuch existieren mehrere Textfassungen, die streckenweise größere Differenzen untereinander aufweisen." und weiter unten: "Die Verschiedenheit des Materials sowie Spannungen zwischen einzelnen Erzählungen (s. o.) machen deutlich, dass das Samuelbuch nicht „aus einem Guss“ ist, sondern dass verschiedene Traditionen zu einer Erzählung kombiniert wurden."

Bevor wir also keine Klarheit haben, welcher Text eigentlich der Richtige ist, ist es eigentlich verlorene Zeit über einzelne Wörter zu diskutieren. Tatsache ist jedenfalls, dass das verwendete Wort im Masoretischen Text sehr eigenartig ist und ein den Leser erstmal mit einem Fragezeichen zurücklässt.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Die Stiftshütte und deren Aufenthaltsort hängt genau wie die Lade eng mit der Tempelthematik zusammen. insofern keineswegs „abstrus“ sondern durchaus im engen Zusammenhang, weswegen sie ja dann auch den Kern oder zumindest ein wichtiges Element des Heiligtums erst in Silo und dann ab 1. Könige 8 in Jerusalem bildet. Das sich Leute Gedanken über deren zwischenzeitlichen Aufenthaltsort machen, während die Lade verschwunden war ist doch kein Wunder. Das hatte ich zur Kenntnis genommen, weil es im Netz erwähnt wurde und kurz in einem Nebensatz aufgegriffen. Aber ich denke das Thema ist durch und da in den Texten nichts steht bis zu ihrem Umzug kann man davon ausgehen, dass sie bis dahin in Silo verblieb.

Weiterhin findet sich in den Königsbüchern auch eine Verwendung des Wortes „hekal" nicht für den Tempel selbst, sondern dessen Halle. Siehe hier in 1. Könige 6,3, wo dann ebenso wie im Folgekapitel, wo es um den Bau des Tempels geht das Wort „bayit" für „Haus (des Herrn)" verwendet wird: https://www.stepbible.org/?q=version=ESV|version=LXX|version=Alep|srchJoin=(1o2o3o4o5)|strong=H1964G|strong=H1965G|strong=H1964H|strong=H1965H|strong=H1964I&options=GUNVVH&display=INTERLEAVED&sort=false

Weiter unten bei Esra taucht es auch auf bezogen auf Palast (Esra 4,14) oder einen anderen Tempel in Babylon (Esra 5,14) usw. Somit ist es also - unabhängig welches Wörterbuch man nun nimmt - recht deutlich, dass der Begriff auch schon in den Original-Sprachen weitergefasst ist. Ob man nun Wikipedia (welches du hier ja selbst auch gelegentlich zitierst) oder den diversen Lexika von Bibelseiten den Vorzug gibt? Jedenfalls wenn es schon im Original drinnen ist (oder einem der maßgeblichen Kodizes), dann doch kein Wunder dass es Einzug in diverse Wörterbücher gefunden hat – auch genereller gefasst als Palast oder Halle. Dies wohl auch bezgl. nicht nur eines sondern verschiedener Textzeugen von Masoretischem Text und Septuaginta. Das was wir als Bibel wahrnehmen und im Laden kaufen können besteht ja sowieso aus der Forschung und Kombination vieler einzelner „Textzeugen“ und ggf. Kodizes & Zusammenfassungen und sowieso nicht „aus einem Guß“.

Unterm Strich mag der Begriff also zwar verwirren, aber stellt sicherlich keinen deutlichen Widerspruch des Tempel in 1. Samuel 1-3 in Silo und dem späteren in Jerusalem dar.

Von: Markus M.
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Die Bundelade war aus Gold bzw. vergoldet, sie war mobil und wurde zum Kriegsschauplatz transportiert und von dort auch gestohlen. Dass die Philister extra nach Silo (einer vermutlich befestigten Stadt) gehen um dort die (für sie wertlose?) Stifthütte mitzunehmen ist doch abstrus.

In 1. Könige 6,3 steht "Und die Halle vor dem Tempel...". Das Wort für Halle ist nicht hekal sondern אוּלם (ulam)!

Das bayit für das Haus den Herrn verwendet werden kann, streitet keiner ab..

Hekal kann auch Palast bedeuten, aber nur wenn es auf ein Gebäude bezogen wird, welches für Menschen/Könige gedacht ist. Geht es um einen heiligen Ort, übersetzt man es mit Tempel.
Ich würde sagen es geht um ein stationäres, stabiles, gemauertes Gebäude mit einem Dach über den Kopf. Das mobile Zelt mit Teppichen würde ich jedenfalls nicht so bezeichnen. Wenn du das Wort weiter fasst, obwohl es meiner Meinung nach keinen Hinweis darauf gibt, okay, ist deine Überzeugung. 

Von: Daniel Nixdorf
◷ 28 Februar
(vor 1 Jahr)

Wie man oben in dem Link sehen kann wird es in 1. Könige 6,3 eben nicht nur für Tempel benutzt, sondern für "Halle (des Hauses des Herrn)" bzw. "nave of the temple" im obigen Link (im Zweifelsfall mit der Maus das Wort anklicken). Ulam kommt in den Königsbüchern auch vor, aber nicht hier an dieser Stelle (gewählte Originaltexte: Aleppo unpointed Masoric & LXX). Damit ist doch gezeigt, dass das Wort weder singulär in den Samuel- und Königsbüchern nur für den Jerusalemer Tempel benutzt wird, noch generell nur einen Tempel bezeichnet (sondern auch ggf. Palast oder Halle je nach Kontext). Somit defintiv nicht nur meine Meinung das Wort weiter zu fassen, wie auch diverse Lexika und Übersetzungen im Netz zeigen. Das kann jeder leicht selbst nachprüfen und lohnt sich nicht hier noch weiter darüber zu diskutieren.

Abschließend ergänzend hier noch ein Link, wo auch noch mal die einzelnen Wörter gezeigt werden inkl. Originalsprache: https://biblehub.com/interlinear/1_kings/6-3.htm

Hier steht „ulam“ für die Halle, „bayit“ für das Haus (des Herrn) und „hekal“ für Heiligtum. Wenn man dann bei anderen Übersetzungen schaut, wie bspw. hier Luther 1984 oder Revidierte Elberfelder 1985/1986 wird dann das „ulam“ wohl auf eine extra Vorhalle bezogen und das „hekal“ auf die Tempelhalle:

und er baute eine Vorhalle [„ulam“] vor der Tempelhalle [„hekal“] des Hauses [„bayit“] (des Herrn)“ 

D.h. man kann das Wort wohl als Halle, Tempelhalle, Tempel oder Heiligtum übersetzen oder wie in Esra als Palast und ist deswegen auch in 1. Samuel 1-3 nicht festgelegt auf speziell den Jerusalemer Tempel.

Von: Markus M.
◷ 28 Februar
(vor 1 Jahr)

Hekal wird nicht für "Halle" benutzt. Für "Halle" gibt es ja ein eigenes Wort. Zwischen Halle und Tempel wird unterschieden, wie der Gebrauch der Wörter zeigt (wörtlich heißt es "Halle im Angesicht des Tempels").

Die Stiftshütte war 30 Ellen lang, 10 Ellen breit. Der salomonische Tempel war 60 Ellen lang, 20 Ellen breit, also genau doppelt so groß. Die Halle ist eine Vorhalle (10x20 Ellen), die an den Tempel angebaut wurde, genauso wie andere Gebäude. Diese war aber nicht vergoldet und hier wurden auch keine heiligen Handlungen durchgeführt. Alles zusammen wurde es Haus des Herrn genannt.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 1 März
(vor 1 Jahr)

„Ulam“ wird hier als „Vorhalle“ oder „Flursaal (an der Vorderseite)“ (Buber-Rosenzweig 1929) übersetzt und „hekal“ je nach Übersetzung als „Tempelhalle“, „Tempelraum“, „Großraum“, „Säulenraum“ oder eben in der englischen Interlinear oben als „Sanctuary“ ( = u.a. „Heiligtum“).

Vermutlich sind Wörter wie „ulam“ oder „bayit“ auch eher architektonisch bzw. bautechnisch geprägt im Sinne von Gebäuden oder Teilen davon („Halle“ & „Haus“) während „hekal“ wenn mehr das Innere bezeichnet (Innenraum) und mehr als die äußere Bauform an sich vor allem eine Funktion beinhaltet und ausdrückt – hier die Wohnstätte einer Gottheit oder eines Königs. Deswegen auch je nach Kontext verwendbar als „Palast“, „Tempel“ (wobei es hier eher mehr um den inneren Raum geht als ein Gebäude an sich) oder eben generell im weiteren Sinn ein „Heiligtum“. Das zeigt auch das griechische Pendant „naos“ dann später mit seiner auf das heilige Sanktum in Kirchen und Kathedralen übertragbaren Bedeutung. Das kann man alles ohne große Umwege selbst nachrecherchieren (bspw. im Netz) und sieht es ja oben auch einmal bei StepBible, wie auch der Interlinear-Übersetzung auf BibleHub.

D.h. die Verwendung als „Tempelraum“ in der Funktion als „Heiligtum“ macht definitiv hier in den Samuel- und Königsbüchern Sinn sowohl in Bezug auf die Stiftshütte in Silo als auch auf den späteren Jerusalemer Tempel. Das ist wohl vermutlich auch so im Großteil der Handschriften auf denen die diversen heutigen Bibel-Übersetzungen beruhen, wie wohl auch in den 4 Königsbüchern der Mehrzahl der LXX-Handschriften, die dann heute in den diversen Septuaginta-Ausgaben gelandet sind.