Warum muss eine Jungfrau ihren Vergewaltiger heiraten? (5. Mose 22,28-29)

Ein ziemlich bizarres Gebot findet sich in 5. Mose 22,28-29. Hier wird gesagt, dass wer eine Jungfrau vergewaltigt, sie heiraten muss.

Er muss dem Vater des Mädchens einfach ein halbes Kilogram Silber zahlen und darf sie sich zur Frau nehmen, die er dann nicht mehr entlassen darf.

Schlechter kann die Vergewaltigte wohl kaum aussteigen, als dass sie den Rest ihres Lebens auch noch mit ihrem Vergewaltiger verheiratet sein muss.


5. Mose 22,28-29
Wenn ein Mann ein Mädchen findet, eine Jungfrau, die nicht verlobt ist, und ergreift sie und liegt bei ihr, und sie werden gefunden: so soll der Mann, der bei ihr gelegen hat, dem Vater des Mädchens fünfzig Sekel Silber geben; und sie soll sein Weib sein, darum dass er sie geschwächt hat, er kann sie nicht entlassen alle seine Tage.
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Lösungsvorschläge

Von: Verena M.
◷ 9 Januar
(vor 2 Monaten)

Man darf die Bibel nicht als Gottes Wort sehen, sondern als ein geschichtliches Artefakt, dass uns einen Einblick in das Leben und die Weltsicht der Menschen von damals gibt. Aus heutiger Sicht ist dieses Recht total rückständig und menschenverachtend, aber das war auch vor 3000 Jahren, damals herrschte ein echtes Patriarchat. Man darf moderne Befindlichkeiten nicht auf alte Rechtssysteme beziehen! Man muss nüchtern bleiben und darf es nicht werten, man muss es anschauen wie ein Antropologe, der das Archaische selbst im Menschen erforscht, fremde Kulturen und Bräuche. 

Man kann den Ursprung aller sexueller Tabus in zwei Sätzen zusammenfassen: „Wessen Kinder sind das?“ und „Wer bekommt meine Schafe, wenn ich sterbe?“

In Zeiten ohne verlässliche Verhütungsmittel und Vaterschaftstests hatte ein Mann nie die komplette Sicherheit, dass ein Kind auch wirklich das Seine ist. Außer er geht sicher, dass die Frau Jungfrau ist, wenn er sie heiratet und dass Sie ihm auch nie fremdgeht! Ein Mann, der viel harte Arbeit und Ressourcen in die Aufzucht eines Balges steckt, wollte sicher wissen, dass es sein eigen Fleisch und Blut ist! Er wollte nicht den Bastard von jemand anderem aufziehen! Auch heute: Die meisten Menschen, die Kinder wollen, frieren lieber Eizellen ein oder machen sündhaft teure Hormon- und Fruchtbarkeitsbehandlungen, als irgendeinen armen Bastard aus einem Waisenhaus zu adoptieren und in diesen Ressourcen, Zeit und Geld zu investieren! So etwas böses sagen die meisten Menschen nicht laut, aber sie denken es sich unterbewusst und handeln dementsprechend!

Eine Frau weiß, dass ihr Kind ihr eigenes ist, hat sie es ja unter Schmerzen auf die Welt gepresst! Die weibliche Sexualität wurde deshalb viel mehr tabuisiert als die männliche! Nicht aus Frauenhass oder weil man es ihnen nicht gegönnt hätte. Damals war die Vaterschaftssicherheit nur gegeben durch eine starke Reglementierung des weiblichen Sexualverhaltens.

Damals herrschte ein echtes Patriarchat = Ein Vater ernährt seine Tochter, bis sie alt genug ist, verheiratet zu werden, dann ist der Ehemann in der Pflicht, sich um sie zu kümmern. Vor der Industrialisierung und der Erfindung der Dienstleistungsgesellschaft hat man Männer als Arbeitskräfte gebraucht, als Beschützer und Ernährer. Der Ehemann wollte für den Deal, dass er der Arbeitssklave seiner Frau ist, entlohnt werden mit eigenem Nachwuchs. Die soziale Macht lag deshalb damals bei den Männern, weil sie einfach körperlich stärker waren und es noch keine Jobs gab, die ohne ordentlich Muskelschmalz funktionierten. Frauen konnten damals nur ihre Reproduktive Funktion und ihre Sorge um die Kinder als Sache von Wert anbieten und wurden dementsprechend auch behandelt. Die gerechte Strafe für den Vergewaltiger war nun ein Leben lang für den Unterhalt und die Versorgung seines Opfers aufkommen zu müssen, weil ihr Vater sie nach der Schändung des "Objekts" nicht mehr an einen anderen Mann verheiraten konnte, der sich sonst um sie kümmern würde, wenn er stirbt. (Denn wegen der Vaterschaftsunsicherheit konnte der neue Ehemann nicht mehr komplett sicher sein, dass potentielle Kinder die Eigenen sind).

Heutzutage haben wir uns zumindest in großen Teilen der Wetl davon distanziert, das finde ich persönlich aus Eigennutz schön :D 

Und selbst ein hartgesottener, freikirchlicher evangelikaler Pastor, der die Bibel sonst in Bezug auf ALLES komplett wörtlich nimmt (Abtreibung, Homosexualität, etc.), würde seine Tochter nicht an einen Typen verheiraten, der sie vergewaltigt und sich danach vor Gericht auf die Bibel bezieht, obwohl es doch "Gottes Wille" ist! ;) solche Heuchler :P 

Von: Cleoleo
◷ 28 Dezember
(vor 3 Monaten)

Was wäre denn wenn eine Frau einen Mann vergewaltigt? Hätte er sie dann als Strafe trotzdem heiraten müssen oder wurde sie dann gesteinigt?

Von: Markus M.
◷ 28 Dezember
(vor 3 Monaten)

Keine Ahnung, ob das in der damaligen Kultur überhaupt vorgekommen ist.
In der Bibel gibt es hierfür keine Regelung. Man müsste also Gott fragen, was man in so einem Fall tun muss.

Von: Olaf
◷ 26 Oktober
(vor 5 Monaten)

Hier wird kein Wiederspruch dargestellt. An dieser Textstelle ist nichts unlogisch, das Gebot entspricht nur nicht den aktuellen "westlichen" Moralvorstellungen. 

Von: Markus M.
◷ 27 Oktober
(vor 5 Monaten)

Sie haben recht, es ist kein Widerspruch, jedoch ein Gebot, welches deutlich macht, dass da kein Gott dahinterstecken kann.
Dieses Gebot wiederspricht sämtlichen Moralvorstellungen, nicht nur den "westlichen".

Von: Christian Rahn
◷ 20 September
(vor 6 Monaten)

eine materielle Versorgung kann besser erfolgen, indem eine vergewaltigte Frau unter den Schutz des Priestertums gestellt wird, das selbst von der Gabe des Zehnten lebt und außerdem ledige Frauen im Dienst an der Stiftshütte beschäftigt. (1Sam 2,22)

Die lebenslange Bindung an den Vergewaltiger beinhaltet u.U. lebenslange Traumatisierung für das Opfer. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass der Täter seine Wut über die Strafe an ihr auslässt – u.U. für den Rest ihres Lebens. Doch wäre auch nur der lebenslange Verzicht auf Wertschätzung und Liebe nicht schrecklich für die Frau?

Zum anderen hat nun jeder Lump, dessen Werbung von einer selten schönen Frau zurückgewiesen wird, die Möglichkeit, sie zu vergewaltigen, um sie lebenslang an sich zu ketten.

Von: Holger Brehm
◷ 5 Mai
(vor 11 Monaten)

Welcher Widerspruch? Es handelt sich um ein Gesetz, das sich vor 3000 Jahren ein patriarchal geführtes primitives Volk gegeben hat und in dem einer Frau auch nicht annähernd gleiche Rechte wie Männern zugestanden wurden. So gesehen ist das Gesetz keine Überraschung. Siehe dazu auch viele andere Bibelstellen. Ich vermute, der Begriff "Widerspruch" taucht in der Frage auf, weil dieses Gesetz im Widerspruch zum Bild von einem Christentum steht, dass sich der Autor aus den vielen netten Stellen, die ihm der Pastor in Kindertagen vorgelesen hat, selbst zusammen gebastelt hat. Man kann erwarten, dass die "christliche Bildung" (Oxymoron) nicht mit dem Ende des Religionsunterrichtes aufhört.

Von: Pia
◷ 25 September
(vor 2 Jahren)

Damals hat diese Regelung die Existenz der Frau gesichert. Wenn sie keine Jungfrau mehr war, hätte sie keinen Mann bekommen und allein waren Frauen damals nicht lebensfähig.

Von: Markus M.
◷ 25 September
(vor 2 Jahren)

1. Überlebensfähig war die Frau natürlich schon. Sie hat ja Eltern und Verwandte, die sich um sie kümmern können.

2. Gott hätte sich ja folgendes Gebot überlegen können. Wer eine Frau vergewaltigt, muss sie lebenslang versorgen, ohne sie zu heiraten. Das wäre doch wesentlich humaner, oder?

3. Heutzutage ist bei der Hochzeit kaum noch jemand Jungfrau und es funktioniert auch. Dass eine Frau, nachdem sie Sex hatte, weniger Wert ist, ist leider ein weiteres Problem, welches durch das Judentum und Christentum entstanden ist.

Von: Jan
◷ 5 Dezember
(vor 1 Jahr)

Nein, es funktioniert eben nicht. Jede dritte Ehe wird geschieden, oder noch mehr.

Von: Nina Per Rieger
◷ 25 Januar
(vor 1 Jahr)

DASS es nicht funktioniert und jede 3. Ehe geschieden wird, ist aber nicht dem Umstand der "Nicht-Jungfräulichkeit" bei Eheschließung geschuldet. 

Von: Holger Brehm
◷ 5 Mai
(vor 11 Monaten)

Welche Existenz? Eine Existenz, in der sie jeden Tag auf's Neue, dann auch legitim, von einem Schwerverbrecher (denn das ist ein Vergewaltiger, auch, wenn Ihnen das scheinbar nicht klar ist) wieder und wieder vergewaltigt wird?! Es ist bemerkenswert, wie unverhohlen grausam einige Menschen auch noch im 21.Jahrhundert sind. Wer so argumentiert, hat jede Menschlichkeit und damit auch jeden Anspruch auf ein Mitspracherecht in Sachen Moral verloren.