Zerriss der Vorhang im Tempel vor oder nach Jesu Tod? (Markus 15,37-38)

Dieser Widerspruch ist schnell erklärt:

Laut Markusevangelium zerriss der Vorhang des Tempels von oben bis unten, nachdem Jesus gestorben war.

Im Lukasevangelium hingegen zerreißt der Vorhang des Tempels bevor Jesus stirbt.


Markus 15,37-38
Jesus aber gab einen lauten Schrei von sich und verschied. Und der Vorhang des Tempels zerriß in zwei Stücke, von oben bis unten.
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Lukas 23,45-46
Und die Sonne ward verfinstert, und der Vorhang des Tempels riß mitten entzwei. Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist! Und als er dies gesagt hatte, verschied er.
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Lösungsvorschläge

Von: Der Heti
◷ 5 April
(vor 3 Wochen)

Ich habe keinen Lösungsvorschlag, sehe aber auch keinen Wiederspruch. Die Texte legen nahe, dass der Vorhang unmittelbar mit Jesus tot zusammenhing. Ob das jetzt kurz davor oder danach war macht vielleicht einen Unterschied von maximal ein paar Minuten, vielleicht sogar wenigen Sekunden aus. Da jedem klar sein müsste, dass es damals keine Webcam im Tempel gab, lässt sich der Zeitpunkt gar nicht auf die Minute bestimmen. Wenn jemand zur damaligen Zeit im nachinein ordentlich recherchieren wollte, bekam er von Zeugen vermutlich Antworten wie z.B. "es geschah um die 10 Stunde". Eine solche Antwort wird er bei beiden Ereignissen (zerissener Vorhang und Jesu tot) bekommen haben. Somit war klar, dass beides Gleichzeitig oder kurz hintereinander geschah. In welcher Reihenfolge die Evangelisten das dann aufgeschrieben haben hat, lediglich dramaturische Gründe und schmälert die ihnhaltliche Aussage zum Zusammehang der Ereignisse nicht.

Von: Chris
◷ 17 August
(vor 2 Jahren)

Mein Lösungsvorschlag: Gleichzeitigkeit. Wenn mehrere Dinge gleichzeitig passieren, kann man sie auch in Sätze hintereinenderschreiben:

"Es kam zum Autounfall. Eine Frau schrie, Glas splittert. Ein Kind weinte" kann dasselbe sein wie "Es kam zum Autounfall. Glas splitterte, ein Kind weinte. Eine Frau schrie"

Außerdem ist gerade Lukas dafür bekannt, auch Einschübe zu machen. Simples Beispiel: in Lk 4,33ff wird von der Heilung in einer Synagoge berichtet, in Vers 37 heißt es "Und sein Ruf verbreitete sich in der ganzen Gegend".

Erst einen Vers weiter, erhebt sich Jesus und verlässt die Synagoge. Niemand würde jetzt hier annehmen, dass er den Kranken geheilt hat, dann so lange gewartet hat, bis seinen Ruf in der gesamten Gegend verbreitet war, und erst dann die Synagoge verließ. (ich hoffe niemand glaubt so)

Ich gaube, wir müssen uns von einer falschverstandenen Chronologie verabschieden.

Von: Markus M.
◷ 18 August
(vor 2 Jahren)

Hier geht es allerdings nicht um Gleichzeitigkeit. Das Jesus stirbt und der Vorhang zerreißt ist ja nicht gleichzeitig geschehen, sondern davor bzw. danach. Bei Lukas spricht Jesus sogar noch, nachdem der Vorhang zerrissen war. Auch die Verknüpfungen mit "und" (diese fehlen in deinem Beispiel) zeigen, dass die Dinge nacheinander passieren.

Was hat das damit zu tun, dass Lukas Einschübe macht? Lk. 4,37 findet jedenfalls nach der Begebenheit von Lk. 4,33-36 statt. Gerade der Imperfekt in V. 37 zeigt auch, dass das Geschehen noch unvollendet ist, also ist klar, dass man in V. 38 nicht darauf wartet bis V. 37 vollendet ist.

Falsch verstandene Chronologie gibt es nur im Christentum. Lies dazu gerne meinen Artikel über den Messias/Christus.

Von: Chris
◷ 18 August
(vor 2 Jahren)

Inkorrekt. Jeder der sich ein bisschen mit dem Bibeltext beschäftigt, und auch mit der damaligen Zeit, wird Wissen, dass zum Beispiel die Originalschriften ohne Punkt und Komma geschrieben worden sind. Ein "und" kann zwei dinge in einer Aufzählung verbinden, aber ganz häufig, würde es ein Komma oder Punkt ebenfalls sinnmachen. "Es kam zu einem Autounfall und glassplitterer, und ein Kind weinte, und zwei menschen starben" kann alles gleichzeitig geschehen.

Auch in deinem Gegenbeispiel mit dem Imperfekt fehlt leider ein wichtiger Gedanke. Jeder würde mir Recht geben, das ist trotzdem von der Chronologie besser wäre, zu schreiben, und Jesus Stand von der Synagoge auf und verließ den Ort, unseren Ruf verbreitete sich in der gesamten Gegend. denn eines Ist klar, wenn dieses ereigniss (Heilung) der Auslösuer ist, kann es nicht vor dem Verlassen der Synagoge angefangen haben. Und wenn es schon vorher anfing, bräuchte man es auch nicht hier als Unterbrechung einzufügen. Aber ich sehe schon, hier habe ich es wohl mit einem Menschen zu tun, denn nach der Prämisse lebt "hauptsache ich sage etwas dagegen"