wersglaubt.at - Christliche Fundamentalisten und Ihre Behauptungen

Die Betreiber von wersglaubt.at stammen aus diversen konservativen christlichen Brüdergemeinden aus Österreich. Sie betreiben verschiedene Webseiten wie z.B. sinndeslebens.at, adventure-christkind.net oder whynachten.net um Menschen von Ihrem Glauben zu überzeugen.
Schauen wir uns mal eine ihrer Antworten auf eine sehr wichtige Frage an. Der folgende Text entstammt der Webseite, der rot markierte Text sind meine Kommentare.

Mit dem Glauben tue ich mir schwer, weil:

Bibel ist von Menschen geschrieben „Die Bibel ist ja durchaus ein ganz nettes Märchen. Einerseits ist ihr Inhalt aber völlig veraltet, andererseits gibt es kein Argument dafür, dass sie wahr sein sollte. Warum sollte ich einem Buch Glauben schenken, das sich irgendwelche Autoren im Laufe der Jahrhunderte ausgedacht haben?“

Ein guter und berechtigter Einwand.
Immerhin steht und fällt damit die Glaubwürdigkeit der Bibel. Das ist durchaus richtig, und auch der Grund, warum ich meinen Glauben verloren habe. Siehe „Über mich
Auf den ersten Blick ist die Bibel von Menschen geschrieben. [1] Auch auf dem zweiten Blick, denn es ist eine Tatsache, dass kein übernatürliches Wesen den Text selbst geschrieben hat, sondern Menschen den Text aufgeschrieben haben.
Keines der 66 Bücher ist auf mysteriöse Weise vom Himmel gefallen. Vielmehr stecken mindestens 40 handfeste Autoren hinter dem Alten und Neuen Testament. Was sind denn „handfeste Autoren“? Männer, die in verschiedenen Zeitepochen und an unterschiedlichen Orten gelebt haben und einander zum Großteil nie begegnet sind. Ihnen gelang es, ein Buch zu schreiben, durch das sich von der ersten bis zur letzten Seite ein roter Faden zieht. Der rote Faden ist ein oft vorgebrachter Marketing-Schmäh, denn die Bibel enthält auch Bücher, wo ein roter Faden nicht zu erkennen ist z.B. das Buch Jona, Obadja, Philemon oder der 2. und 3. Johannesbrief. Dazu kommt, dass viele Bücher redaktionell bearbeitete Sammlungen sind und nur die Bücher zum Kanon hinzugezählt wurde, die halbwegs zusammenpassen. Geschichten, die nicht dazu passten, wurden nicht in den Kanon aufgenommen bzw. blieben apokryph.
Die Bibel beansprucht, dass sie durch die göttliche Inspiration vieler Schreiber entstanden ist. Auch das hört man immer wieder, jedoch gibt es gerade einmal einen einzigen Bibelvers, der dies behauptet (2. Tim. 3,16) und hier ist völlig unklar, welche Bibelbücher konkret damit gemeint sind. Zudem ist es ein Zirkelschluss, wenn die Bibel von sich selbst behauptet, dass sie inspiriert (von Gott eingegeben) ist.
Ein oberflächlicher Betrachter könnte einwenden: Menschenhand heißt Menschenwerk! Um dem auf den Grund zu gehen, betrachten wir zwei Alternativszenarien.

Szenario 1: Gott schreibt selbst
Angenommen Gott hätte - anstatt auf menschliche Schreiber zurückzugreifen - selbst ein Buch geschrieben. Dieses hätte er in der Folge in einer Felsspalte hinterlegt. Würde das unsere Zweifel beseitigen? Oder doch neue hervorbringen? Wer könnte uns beweisen, dass dieses wundersame Werk von Gott verfasst wurde? Ganz einfach, indem es übernatürliche Dinge enthält, welche nur ein Gott wissen kann. Also konkrete Prophezeiungen oder Wissen, welches damals noch unbekannt war. Welcher glückliche Finder könnte für sich glaubhaft in Anspruch nehmen, Gottes Wort entdeckt zu haben? Wer wäre vertrauenswürdig genug, dass man ihm eine solche Geschichte abnimmt? Wer den Fund macht, wäre völlig irrelevant, wenn in dem Buch übernatürliche Dinge enthalten wären. Zuletzt handelt es sich vielleicht doch nur um eine listige Verschwörung, um Menschen zu knechten? Was, wenn plötzlich ein weiteres Buch mit Gottes vermeintlichem Siegel auftaucht? Was soll dann sein? Das NT ist ja das beste Beispiel, dass weitere Bücher auftauchen können, welche eine neue/andere Geschichte bringen. Es finden sich immer irgendwelche Leute die eine weitere Geschichte glauben (siehe Mormonen). Welches wäre das Richtige? Ist diese Variante wasserdicht?

Szenario 2: Ein Sprachrohr schreibt für alle
Muslime befinden sich in genau dieser Ausgangssituation. Sie berufen sich auf ein Buch - den Koran - und einen Autor, Mohammed. Diktiert wurden die 114 Suren vom Erzengel Gabriel persönlich. Muslime kritisieren die Vielautorenschaft der Bibel. Angenommen ein Mensch beansprucht alleine für sich, Gottes Plan für die Menschheit offenbart bekommen zu haben. Welchen Beweis kann diese Person erbringen? Was ist, wenn das auserwählte Sprachrohr sich geirrt hat? Wäre es angesichts der Tragweite der Thematik nicht sinnvoll, andere Zeugen zu befragen, durch die man Gottes Botschaft bestätigen kann? Im Fall des Propheten war jedoch niemand sonst zugegen. Gabriel ausgenommen. Eine Zeugeneinvernehmung war daher nicht möglich. Klar ist: Wenn sich der eine Zeuge der Botschaft geirrt hat, ist es vielen zum Schaden. Die Integrität des Sprachrohrs muss unbedingt geprüft werden.
Die Kritik an einem einzelnen Sprachrohr („Wer prüft das? Wer war Zeuge?“) trifft genauso auf Moses, Jesaja, Jeremia, Paulus, Johannes usw. zu. Außerdem sind die allermeisten biblischen Autoren anonym oder nur traditionell zugeschrieben (so z.B. alle Evangelien). Ihre Biographien sind also nicht unabhängig überprüfbar.

Szenario 3: Viele Autoren – eine Botschaft
Die Bibel behauptet, dass Gott Menschen inspirierte, um sein Wort niederzuschreiben. Zur Wiederholung: Nicht die Bibel behauptet das, sondern eine Person (Paulus) in einem einzigen Bibelvers. Gottes Geist habe die Worte „eingehaucht“. Das Leben der biblischen Autoren lässt sich historisch nachprüfen. Eben nicht, siehe oberer Absatz. Ebenso ihre menschliche Integrität. Diese unterstützt die Glaubwürdigkeit der biblischen Botschaft, ist aber für sich allein genommen kein ausreichender Beweis. Die Integrität der Autoren zeigt jedoch, wie Gottes Kraft einfache Menschen von Grund auf verwandelt, sodass sie weit über ihr menschliches Vermögen hinauswachsen.
Für große Teile des Alten Testaments gibt es keinen identifizierbaren Autor, sondern einen längeren Entstehungsprozess über anonyme Redaktoren. Wenn man nicht weiß, wer der Autor ist, kann man seine „Integrität“ schlicht nicht historisch bewerten.

Fazit: Man schafft hier ein falsches Trilemma: Man schwächt zwei Optionen künstlich ab, stellt die eigene Option idealisiert dar und behauptet dann: „Also ist Option 3 plausibel“. Das ist Rhetorik, kein Argument.

Bedeutend ist: Es gibt ein paar erstaunliche innere Beweise, die die Bibel exklusiv für sich beansprucht. Zum einen ihr zusammenfassender Aufbau. Das ist schonmal falsch. Die Mischna, der Talmud, das Buch Mormon, die Vier Bücher des Konfuzianismus oder der Gilgamesch-Epos, um nur einige zu nennen, haben ebenfalls einen zusammenfassenden Aufbau. Sind sie deswegen inspiriert? Die Autoren konnten sich nicht absprechen und trotzdem verfassten sie eine 40-teilige Fortsetzungsgeschichte, die inhaltlich stimmig ineinandergreift. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass solch eine harmonische Gesamtkomposition zufällig zustande kam. [1] So unwahrscheinlich ist das nicht, wenn Redakteure nur das auswählen, was zur Geschichte passt. Wenn doch, dann wäre das der einzige Zufall dieser Art in der Menschheitsgeschichte und die Bibel wäre allein schon deshalb ein lesenswertes Buch.

Die historische Genauigkeit spricht zudem dafür, dass die Bibel Fakten und keine Märchen präsentiert. Gerade in historischen Aussagen wurde sie oft attackiert und im Nachhinein doch wieder bestätigt. [2]
Das ist eine sehr selektive Wahrnehmung (Cherry Picking). Natürlich gibt es archäologische Funde, die biblische Details stützen (z.B. die Existenz mancher Städte, Herrscher, kultureller Kontexte). So etwas finden wir aber auch bei der Odyssee von Homer oder bei Harry Potter.
Selbst die Mormonen werben damit für ihr Buch: https://www.youtube.com/watch?v=1DQwg4reNUA
Es gibt aber ebenso viele Bereiche, wo die Bibel nicht bestätigt wird oder im Konflikt mit den Befunden steht. Grundsätzlich steht der ganze Schöpfungsbericht im Widerspruch zur Evolutionstheorie, die weltweite Flut ist geologisch nicht nachweisbar, der Exodus als Massenflucht eines ganzen Volkes aus Ägypten und die Eroberung Kanaans ist archäologisch hochproblematisch. Die Figur eines Darius der Meder oder die Volkszählung unter Quirinius in Kombination mit Herodes dem Großen ist historisch nicht haltbar, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Fazit: Dass ein Text in bestimmten historischen Details korrekt ist, beweist weder, dass alle anderen Details stimmen, noch, dass seine theologischen Aussagen göttlich inspiriert sind. Sonst wären auch römische Historiographen oder moderne Romane über reale Städte „inspiriert“.

Ein sehr starkes Argument für die Inspiration der Bibel ist die Dichte an Prophezeiungen [3], die im Verlauf der späteren Jahrhunderte in Erfüllung gingen. Prophezeiungen wären durchaus ein starkes Argument für Inspiration. Nur ist es mit den biblischen Prophezeiungen so, dass diese bei weitem nicht so konkret sind, wie immer behauptet wird. Größtenteils wird in den biblischen Text etwas hineingelesen, was gar nicht da steht. Details siehe: Echte biblische Prophetie? Viele angebliche „Prophezeiungen“ sind im Nachhinein passend gedeutet worden. Die Evangelien (allen voran Matthäus) inszenieren Jesus bewusst als Erfüllung bestimmter alttestamentlicher Motive und zitieren entsprechend selektiv.
Zum Teil sind die Vorhersagen über Jesus so umfassend und detailgetreu, dass sie sich den Vorwurf gefallen lassen mussten, nachträglich in die Bibel eingefügt worden zu sein. Ein Beispiel hierfür wäre das 53. Kapitel des Propheten Jesaja, das sehr ausführlich vom Messias spricht. Nein, tut es nicht. Das Wort „Messias“ kommt dort gar nicht vor. Details siehe hier. Die Ankläger kapitulierten auch hier zuletzt. Der Vorwurf der Fälschung wurde durch die Funde der Schriftrollen von Qumran [4] buchstäblich der Boden entzogen. Keine Ahnung, was mit „Vorwurf der Fälschung“ gemeint sein soll. Tatsache ist jedenfalls, dass die Schriftrollen von Qumran sehr gut zeigen, dass unterschiedliche Textvarianten im Umlauf waren und dass es keinen einheitlichen Text, geschweige denn Kanon gab. Details siehe: Qumran und neue Lesarten

Ein weiterer spannender Punkt ist der Umstand, dass die Bibel schon seit Jahrtausenden Menschenleben von Grund auf positiv verändert hat. Auch hier ist man wieder auf einem Auge blind, denn die Bibel hat das Leben von vielen Menschen auch negativ verändert. Das reicht von Antisemitismus und Sklaverei, welche mit der Bibel legitimiert wurde, bis hin zu den Kreuzzügen, Inquisition und 30-jährigen Krieg. Von geistlichem Missbrauch wie er heutzutage in christlichen Gemeinden zu finden ist mal ganz abgesehen.
Viele sprechen von der transformierenden Kraft ihrer Botschaft.
Ein Text kann psychologisch hilfreich, tröstlich, sinngebend sein, ohne dass seine übernatürlichen Behauptungen wahr sind. Auch der Koran, das Buch Mormon, die Bhagavad Gita, buddhistische Texte, humanistische Philosophie, Selbsthilfeliteratur etc. verändern Menschen ebenso positiv und tiefgreifend. Wenn „Lebensveränderung“ ein Gottesbeweis wäre, müsste man alle diese Schriften als göttlich anerkennen.
Die beste Möglichkeit um zu prüfen, ob die Bibel menschengemacht oder göttlich eingegeben ist, ist und bleibt, ihren Inhalt kennen zu lernen. Sind die Gedanken und Lehren der Bibel einfach nur menschlich, oder lässt sich eine Stimme erkennen, die den Kern unseres Seins trifft?
Dasselbe Argument bringen auch Mormonen:
https://www.youtube.com/watch?v=8Lf3CfSsXic
https://www.youtube.com/watch?v=MLWSDNMlzvo
https://www.youtube.com/watch?v=a5MOx3lBhnQ
https://www.youtube.com/watch?v=m8dI6Jt7faw

Fazit: So gut wie alle hier vorgebrachten Argumente werden auch von Mormonen herangezogen, um die Göttlichkeit ihres Buches zu beweisen. Jedoch sind die Argumente bei genauerem Hinsehen entweder schwach, nicht exklusiv oder schlichtweg falsch.

Schau dir mal diese links an:
[1] Entstehung und Merkmale der Bibel (youtube)
[2] Hat die Wissenschaft die Bibel widerlegt?
[3] Wahrscheinlichkeit für eingetroffene Voraussagen in der Bibel (professorenforum.de)
[4] Qumran-Fund: Jesaja wurde vor Christus geschrieben (wikipedia)