Wie kann Naftali an Juda stoßen? (Josua 19,34)

In Josua 19,32-39 liest man von den Grenzlinien des Stammes Naftali.

In V. 34 liest man, dass dieses im Osten an Juda (וּבִיהוּדָה) stieß. Das kann aber nicht stimmen, da Juda im Süden lag und drei andere Stämme dazwischen lagen.

Siehe die Grafik https://de.wikipedia.org/wiki/Juda_(Reich)#/media/Datei:12_staemme_israels.png

Die LXX (Septuaginta) hat diesen Fehler wohl erkannt und lässt den Ortsnamen darum einfach weg.


Josua 19,34
und die Grenze kehrte um westwärts nach Asnoth-Tabor und lief von dort nach Hukkok hin. Und so stieß sie an Sebulon gegen Süden, und an Aser stieß sie gegen Westen, und an Juda am Jordan gegen Sonnenaufgang.
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Lösungsvorschläge

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Erklärungsmöglichkeit:

  • a) Es hat im masoretischen Text im Lauf der Zeit eine Korrumpierung/ Verdunklung des Verses gegeben, wodurch ein Fehler entstanden ist. Die Septuaginta (griechische Übersetzung des Alten Testaments ab ca. 3. Jhd. v.Chr. entstanden), die sich auf den gemeinsamen Urtext bezieht enthält deshalb den Fehler nicht:
    Und der Grenzverlauf wird nach Westen hin nach Enath Thabor zurückkehren und von dort her nach Jakana hindurchgehen und von Süden her Sebulon berühren und nach Westen hin wird er Ascher berühren und der Jordan (ist) im Osten [wörtlich: vom Sonnenaufgang her].“ Josua 19,34 LXX.D
  • b) Es gab eine Stadt names Juda östlich des Jordan bei Naftali, die hier gemeint ist.
  • c) Es gab eine jüdäische Kolonie bzw. Exklave östlich des Jordans bei Naftali, die hier gemeint ist.
  • d) Es handelt sich um einen sprichwörtlichen Ausdruck dafür, dass man im Osten von Naftali an den Jordan stieß, diesen per Schiff befuhr und so indirekt über den Weg nach Osten mit Juda verbunden war.

s.a.: „It is certain that the tribe of Naphtali did not border on the east upon Judah, for there were several tribes betwixt them. Some think that as these two tribes were bounded by Jordan on the east, they might be considered as in some sort conjoined, because of the easy passage to each other by means of the river; but this might be said of several other tribes as well as of these. There is considerable difficulty in the text as it now stands; but if, with the Septuagint, we omit Judah, the difficulty vanishes, and the passage is plain: but this omission is supported by no MS. hitherto discovered. It is however very probable that some change has taken place in the words of the text, וביהודה הירדן ubihudah haiyarden, "and by Judah upon Jordan." Houbigant, who terms them verba sine re ac sententia, "words without sense or meaning," proposes, instead of them, to read ובגדות הירדן ubigdoth haiyarden, "and by the banks of Jordan;" a word which is used Joshua 3:15, and which here makes a very good sense.” https://www.studylight.org/commentary/joshua/19-34.html

Von: Markus M.
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Zu
a) Was soll das für eine Korrumpierung/Verdunklung gewesen sein, die es schon im 3. Jhdt v. Chr. gab? Man kannte den Text doch auch auswendig und könnte beim Anschreiben jederzeit nachfragen, wenn etwas unklar war. Dass die LXX das Wort komplett weglässt zeigt auch ziemlich deutlich, dass hier keine Korrumpierung vorlag, sondern ein Fehler/Widerspruch im Text, den sie korrigiert.

b) Juda ist immer die Bezeichnung für eine Person oder ein Gebiet. Dass es eine Stadt namens Juda gab ist unwahrscheinlich und müsste erstmal nachgewiesen werden.

c) Warum sollte jemand im Josuabuch der dem Stamm Juda angehört nach Norden ziehen und dort eine nennenswerte Exklave gründen?

d) Ziemlich absurd. Niemand würde so schreiben oder denken. Man sagt ja auch nicht "westlich von Neu-Kairo liegt Luxor", nur weil die beiden Orte mit einem Fluss verbunden sind.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 25 Februar
(vor 1 Jahr)

Das waren 4 verschiedene Möglichkeiten, die natürlich mehr oder weniger plausibel sind. Anbei noch eine (persönliche) Einschätzung bzgl. der Gewichtung wie wahrscheinlich das jeweils ist:

d) Ich wäre da auch nicht drauf gekommen, es stimmt aber jedenfalls nicht einfach zu sagen „niemand wäre darauf gekommen“, denn offensichtlich gibt es Ausleger die genau das tun. Halte ich aber auch für eher unwahrscheinlich, wobei es nicht nur heute Dinge gibt und Aussagen oder Zusammenhänge, wo man auch nicht gleich drauf kommt, weil sie nicht „direkt naheliegen“ sondern um die Ecke gedacht sind.

c) Das weiß ich nicht, aber warum auch nicht? Könnte schon sein. Da allerdings sonst nirgendwo darauf eingegangen wird eher unwahrscheinlich.

b) Es ist auch neben Person, Stamm, Gebiet bspw. die Bezeichnung für ein Gebirge oder heute eine ganze Religion. Oft werden wie Jerusalem oder Babylon in der Antike Fürsten mit ihren Königtümern gleichgesetzt d.h. synonym verwendet. Oft auch die Hauptstädte synonym mit den Ländern (siehe das Neue Jerusalem in der Offenbarung bzw. als Gegensatz die Hure Babylon). Also könnte es auch sein, dass es eine Stadt namens Juda im Norden gab. Da allerdings sonst nirgendwo darauf eingegangen wird eher unwahrscheinlich.

a) Wie die zitierte Quelle oben im letzten Satz auch vermutet ergibt sich in der Septuaginta ein stimmiger Abschluss des Satzes. Es muss (also) nicht unbedingt eine spätere Weglassung sein, sondern der Satz war wohl evtl. ursprünglich so formuliert („im Osten (ist) der Jordan [oder die Ufer des Jordan]“). Im 3. Jhd. gab es die Korrumpierung eben im ursprünglichen Text dieser Annahme zufolge noch nicht, weswegen die Septuaginta diesen Fehler auch nicht mit übernommen hätte und dieser später in der Linie des masoretischen Textes entstanden ist.  Z.Vgl. dazu ein Auszug über die Septuaginta bzgl. Jeremia und Königsbüchern, wo die Unterschiede zum Masoretischen Text besonders groß sind und nachweislich spätere Unstimmigkeiten in der hebräischen Fassung entstanden sind:

„Besonders auffällig ist, dass das Buch Jeremia in der LXX eine andere Kapitelreihenfolge aufweist und auch kürzer ist. Emanuel Tov, der sich mit der LXX in Qumran am ausgiebigsten befasste, schreibt dazu:

„Der LXX-Text von Jeremia weicht von der masoretischen Fassung des Buches oft in größeren Details ab. Es ist um ein Siebtel kürzer als der masoretische Text und unterscheidet sich von diesem durch eine unterschiedliche Anordnung des Materials. Da die Übersetzungstechnik der LXX in diesem Buch ziemlich wörtlich ist, wo die beiden Texte überlappen, ist es unwahrscheinlich, dass der Übersetzer seine hebräische Vorlage gekürzt hätte. Das impliziert, dass die Kürze der LXX einen kurzen hebräischen Text wiedergibt. Die Existenz eines kurzen hebräischen Textes von Jeremia wurde durch 4QJer bestätigt, der Teile der Kapitel 9-10, 43 und 50 umfasst (vgl. DJD XV).“ [Emanuel Tov, The Literary History of the Book of Jeremiah in Light of its Textual History, (28.11.2018), S.1]

Obwohl es auch Abweichungen dieses Fragments zur (rekonstruierten) Vorlage der LXX-Fassung von Jeremia gibt, bestätigt 4QJer den Aufbau und die Kürze der Vorlage und das Gros des Textbestandes. Vor diesem Fund war die Abweichung nur schwer zu erklären, nun aber befestigt sie die Erkenntnis, dass die LXX von einer anderen Textfamilie als der protomasoretischen übersetzt worden ist. Emmanuel Tov schreibt weiter:

„Die Frage ob die kurze oder die lange Version von Jeremia die frühere der beiden ist, wurde von Janzen (‚Jeremiah’), Min (‚Minuses and Pluses’) und Tov (‚Exegetical Notes’) diskutiert. Jede dieser Studien schlug vor, dass die kurze Version älter als die lange sei.“ [Emanuel Tov, The Literary History of the Book of Jeremiah in Light of its Textual History), S.1]

Tov geht davon aus, dass das Buch Jeremia später ergänzt und anders geordnet wurde, da die kurze Version keinerlei interne Hinweise auf eine längere gibt. Wohl aber umgekehrt. Tov schreibt: „Ausgabe II [Langfassung] hat einige Überschriften zu Prophezeiungen eingefügt, wo Ausgabe I [Kurzfassung] keine hatte. Bestehende kurze Überschriften hat er erweitert: (…)“

(…)

Beim ersten Buch Samuel sind die Unterschiede zwischen dem Masoretentext und der LXX auffallend groß [Anm: ähnlich wie bei Jeremia]. Lassen wir einmal einige Beispiele auf uns wirken: (…)

Belassen wir es bei diesen Beispielen. Die Rolle 4Q51 Sam [http://www.emanueltov.info/ 29.12.2018] war eine besondere Entdeckung in Qumran, da sie endgültig zweifelsfrei belegt, dass die LXX nicht etwa eine freie Übersetzung des hebräischen Textes ist, sondern eine genaue Übersetzung einer anderen Vorlage. Auch wenn 4Q51 Sam nicht in allem deckungsgleich mit der LXX ist, sind die Übereinstimmungen doch überzeugend groß.

Die Unterschiede zwischen dem masoretischen Text und der LXX beruhen – erneut – auf einer späteren(!) hebräischen Neufassung. In der Einleitung zu den Samuelbüchern heißt es in der LXX-d:

„Die griechische Übersetzung der Königsbücher [Anm.: vier Stück inkl. Samuel] erfolgte um oder bald nach 200 v.Chr.. Die Übersetzer bemühten sich um eine gute, sachgemäße Übersetzung, die zugleich so weit wie möglich die Ausdrucksweise des hebräischen Textes berücksichtigten. Die hebräische Vorlage dieser ersten Übersetzung der Bücher der Königtümer unterschied sich in manchen Einzelheiten vom später geläufigen hebräisch-masoretischen Text. Diese Gestalt des hebräischen Textes ist aber auch durch die Funde aus Qumran bezeugt, vor allem durch die Handschrift 4Q51 ( = 4QSam) und teilweise durch die Handschrift 4Q53 ( = 4QSam).

Etwa in der Mitte des 2. Jhd. v. Chr. wurde der hebräische Text – wahrscheinlich in Jerusalem – neu bearbeitet. Es entstand eine Art verbesserter zweiter Ausgabe. Diese Textform ist der Vorläufer des sog. masoretischen Textes und wurde im Laufe des 1. Jhd. v.Chr. zur allgemein akzeptierten Gestalt des hebräischen Textes der Samuel- und Königsbücher.“

[Septuaginta Deutsch]

Eine verbesserte Neufassung? Eine verschlimmbesserte(?!) Neufassung, würde ich sagen! Fällt uns bei der Datumsangabe etwas auf? Um die Mitte des zweiten Jahrhunderts, das war mitten in den Makkabäerkriegen! Die Umstände für sorgfältige Arbeit am Text waren schlichtweg nicht gegeben; ich meine, die genannten und weitere Fehler in der masoretischen Fassung sind genau diesen dramatischen Umständen geschuldet.

Es gibt hinreichend Fachliteratur zu diesem Thema, um sich darin zu vertiefen; die wirklich guten Werke sind dabei die wirklich trockenen, wo Buchstabe für Buchstabe verglichen, bewertet und überlegt wird, warum wie welche Lesart zustande gekommen sein könnte. Der jüdische Qumran-Forscher Emmanuel Tov ist gewiss nicht verdächtig für die griechische LXX die Fakten verbiegen zu wollen; seine Arbeiten zu den hebräischen Vorlagen der LXX in Qumran sind bahnbrechend. (…)“

https://www.bod.de/buchshop/das-christliche-alte-testament-alexander-basnar-978375198125

Von: Markus M.
◷ 26 Februar
(vor 1 Jahr)

Ich würde dich bitten in Zukunft keine "weniger plausiblen" Möglichkeiten hier zu posten. Es ist anstrengend Ideenergüsse die eigentlich unwahrscheinlich sind zu lesen und dann auch noch zu widerlegen. 

Was du zu a) schreibst kann ich nicht nachvollziehen. Wenn es keine "spätere Weglassung" der LXX war, dann war es eine spätere Hinzufügung des MT.
Deine Theorie ist demnach, dass das Wort Juda nach der LXX Übersetzung durch eine Korrumpierung in den MT hineingewandert ist? 

Was du hier aus Alexander Basnar Buch zitierst ist mir nicht neu. Wenn du "Über mich" gelesen hast, oder meinen Text zum Thema "Kanon, Septuaginta und Inspiration" wüsstest du, dass mir das Thema mehr als bekannt ist. Was er schreibt ist ja auch mein großer Kritikpunkt an der Bibel, da wir heutzutage gar nicht wissen können welcher Text inspiriert sein soll. Wenn der kürzere LXX Jeremia-Text der ältere ist, müsste man demnach auch annehmen, dass dieser eher inspiriert ist, als der längere (jüngere) MT-Text. Dann haben wir aber das Problem, dass wir in der Bibel einen Text haben, der nicht inspiriert ist und der von Schreibern eigenwillig erweitert wurde, d.h. Texte dazugedichtet haben. Die Bibel verliert demnach an Glaubwürdigkeit, da die Texte darin beliebig von Menschen überarbeitet wurden. 

Von: Daniel Nixdorf
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Grundlegend für rationales, wissenschaftliches Arbeiten ist es ja (u.a. anhand von Indizien) verschiedene Hypothesen aufzustellen und dann daran abzuarbeiten, zu hinterfragen, wenn möglich Anhaltspunkte oder gar Beweise zu finden und auch (ggf. immer wieder neu) zu überprüfen. Das ist zwar hier keine wissenschaftliche Arbeit aber da die Seite sich ja betont rationalistisch gibt, wäre es natürlich dementsprechend angebracht zumindest kurz verschiedene Thesen anzubringen und zu hinterfragen. Die hier waren ja nicht ewig lang ausgeführt (ein paar Sätze) und auch für denjenigen der sich die Mühe macht, hier auf Widersprüche einzugehen (oder manchmal auch nur Missverständnisse beim Lesen) ist es wichtig eine Übersicht zu haben und dann daran im Prozess lang arbeiten zu können (dient auch oft der Wahrheitsfindung) Außerdem sind es eben nun mal alles mögliche Erklärungsmöglichkeiten, wenn auch teils recht unplausibel – nichtsdestotrotz aber für den evtl. Leser sicherlich interessant auch diese mal kurz gehört zu haben.

Fehlerlos ist keiner und die „perfekte Antwort“ selten. Wenn das kurze Lesen & Eingehen auf 4 kurze Möglichkeiten zu mühsam ist, dann wäre es schade um die Zeit, die man hier investiert. Weil es dann nur noch darauf hinausläuft auf die (scheinbar perfekten) Widersprüche eine (scheinbar perfekte) Antwort geben zu können oder es doch gleich lieber zu lassen, weil es sobald es komplizierter wird eh nicht gewollt ist. Ich verstehe auch nicht die Prämisse oder Herangehensweise hier alles was angebracht wird „zu widerlegen“. Das ist sicherlich keine rationale, wissenschaftliche Herangehensweise sondern setzt den (atheistischen) Ausgang ja schon komplett voraus und sucht dann zwangsläufig nur noch Argumente für eine vorab schon bestehende Position. Das ist sicher mühsam und wäre natürlich fatal und kann ja generell auf Dauer nicht funktionieren, selbst wenn man den Input an Thesen und Möglichkeiten minimiert.

Beide Artikel („Über mich“ & „Kanon, Septuaginta und Inspiration“) hatte ich vor ein oder zwei Jahren gelesen, weswegen mir auch die Sicht und Verwirrung bzgl. Jeremia-Buch bekannt war. Auch deswegen machte es ja Sinn den Auszug bzgl. der LXX anzubringen, da neben den Königsbüchern auch speziell das Jeremia-Buch hier thematisiert wird (bei beiden sind die Differenzen besonders ausgeprägt zwischen MT & LXX) und dargelegt wird, dass vermutlich ein gemeinsamer fehlerloser Urtext bestanden hatte, von dem die Septuaginta-Varianten abstammen (deswegen in dem Fall ohne Fehler), während im masoretischen Text Verfälschungen entstanden sind - und zwar i.d.R. mehr und eben speziell wie hier in den Königsbüchern, die man zur chaotischen Zeit der Makkabäer-Aufstände überarbeitete (ähnliches gilt wohl für die Mosebücher & Josua).

Wie das zustanden kam („Überarbeitung“ während der Makkabäerkriege) wird ja oben in dem Auszug kurz angerissen, für weitere Darlegungen was beim Masoretischen Text im Lauf der Zeit dann später schiefgegangen sein könnte, findet man diese ausführlicher im Buch erwähnt. Auch aus dem (nicht zufällig auf griechisch verfassten) Neuen Testament wird ja deutlich, dass die wahren Nachfahren Abrahams geistig auf die Gemeinde übergegangen sind und auch die Schrifthoheit nicht mehr bei den Hebräern liegt seit dieser Zeit. Leider hat die Reformation das bei ihren Bibelübersetzungen & -zusammenstellungen in diverse moderne Sprachen aber bzgl. des Alten Testaments ignoriert und nahezu ausschließlich auf den Masoretischen Text gesetzt und die Septuaginta und Forschung diesbzgl. bis heute eher stiefmütterlich behandelt – immerhin bspw. die LXX.D aber auch in deutscher Fassung erhältlich seit ein paar Jahren.

Man kann das aus bibelkritischer Sicht so auslegen, als würde das die Glaubwürdigkeit der Bibel herabsetzen und auf den ersten Blick mag das auch so sein. Aber wenn man etwas genauer hinschaut betrifft das nicht so viele Stellen im Vergleich zur Bibel als Gesamtwerk und Anzahl sowie Kohärenz der Text- und Schriftzeugen. Außerdem bleiben die Kernaussagen der Schrift erhalten und geht um Details hier und da. Sicherlich ärgerlich für Puristen und ein gefundenes Fressen für Bibelkritiker. Aber wenn man nicht gerade zum Lager der extrem auf komplette Schriftfehlerlosigkeit ausgerichteten Ausleger gehört, die wohl besonders im evangelikalen Bereich über die letzten Jahrhunderte aufgrund der Schriftzentriertheit im Protestantismus entstanden sind, ist das m.E. verschmerzbar.

Irgendwann erkennt man dann auch, genau wie die Schrift es selbst ja aussagt, warum diese Welt mit Verfall, Krankheit, Tod belastet ist und wie auch das Volk Gottes, seine Tempel und ja, auch seine Schrift davon betroffen sind. Es findet sich in der Bibel nichts, was dem widerspräche und eine völlig feherlose Übertragung einfordern würde - auch wird klar, dass diese nicht von Gott selbst geschrieben, sondern durch den Geist an (durchaus fehlerhafte) Menschen übergeben („inspieriert") wurde. D.h. Übertragungsfehler im Lauf der Zeit sind kein innerer Widerspruch der Bibel - zumindest wenn es sich um Details handelt. Wichtig ist, dass der Kern der Botschaft immer da war, weil das auch so prophezeit wurde (Missionsauftrag etc.). Und ist zum überwiegenden Großteil heute mit/trotz zig Übersetzungen usw. auch der Fall. Bei den Details die verloren gingen oder verdunkelt wurden ist es für mich persönlich sogar so geworden, dass die Geschichte dahinter – auch bzgl. bspw. der ganzen Kultur(en), Völker drum herum inkl. Dingen wie den Dingen die nach dem Exil aus Babylon kamen oder der intertestamentarischen, im Spätjudentum wohl populären Henoch-Literatur – umso faszinierender und geheimnisvoller geworden ist. Und noch mehr einlädt und neugierig macht herauszufinden, wie und warum. Ein einmalig fester, fixer fehlerloser Text ohne Makel hätte diesen Geschichtsbezug nicht, er wäre nicht so "lebendig" wie die immer wieder dynamisch weitergegebene Helilige Schrift inkl. auch ihrer kleinen Macken hier und da. Und auch bzgl. des Gottesbildes mag man das als „Kratzer im Lack“ ansehen, aber doch wenn nur oberflächlich erschüttert falls man auf eine hundertprozentige klare Linie fixiert ist. Im Kern bei genauerem Hinsehen kann man auch gut der Auffassung sein, dass es die Dinge „zwischen Himmel & Erde" eher spannender, mysteriöser und letztlich auch irgendwie „realer“ macht.

Von: Markus M.
◷ 27 Februar
(vor 1 Jahr)

Die Seite hier soll aber nicht dazu dienen dubiose Hypothesen abzuarbeiten. Wenn du Dinge selbst für eher unwahrscheinlich hältst, dann brauchst du die hier nicht zu posten. Ich brauche hier keine Übersicht von unwahrscheinlichen Antwortmöglichkeiten, denn diese Liste wäre nur elends lang, verwirrt nur und trägt nicht viel zu einer vernünfigten Lösung bei.

Dass ein gemeinsamer fehlerloser Urtext bestanden hat ist lediglich eine Annahme. Was wir haben sind Abschriften und darin sehen wie Fehler und Veränderungen.

Die Frage ist, warum beim MT so viel schief gegangen sein soll, wenn doch immer behauptet wird, dass die Bibel so gut abgeschrieben/kopiert wurde. Außerdem ist es fraglich, wie beim Anschreiben 1/7 des Textes dazukommen kann.

Von Inspiration eines Textes sieht man hier nichts. Was ist das für ein Gott, der für sein wichtigstes Wort eine Sprache ohne Vokale verwendet, dann die Sprache wechselt und dann nicht dafür sorgt, dass sein Wort korrekt weitergegeben wird. Wenn z.B. im Jeremia-Buch der LXX-Text der authentischere ist, warum lesen Christen dann seit 1600 Jahren den falschen Text? 
Was du hier anscheinend übersiehst ist, dass Hieronymus bei der Vulgata auch auf den MT zurückgegriffen hat und nicht auf die LXX. Es war also nicht erst Luther mit der Reformation, sondern auch die Katholische Kirche im 4. Jhdt., welche bereits den MT verwendete.

Was soll das heißen es "betrifft nicht so viele Stellen"? Wir wissen ja gar nicht, wie viele Stellen es sind. Schaut man sich aber die LXX-Rezensionen (Überarbeitungen) an und die Funde aus Qumran, dann sieht man aber, dass es wohl nicht wenige sind. Außerdem stellt sich dann ja uch die Frage, was mit den Apokyphen ist, die man in der LXX findet. Sind die inspiriert oder nicht, gehören die dazu oder nicht?

Wenn du schreibst "auch wird klar, dass diese nicht von Gott selbst geschrieben, sondern durch den Geist an (durchaus fehlerhafte) Menschen übergeben („inspieriert") wurde.". Woran machst du das fest, dass hier der Geist Gottes im Spiel war? Bei dem Text den wir haben könnte man auch sagen "auch wird klar, dass fehlerhafte Menschen ihre antike Sichtweise aufgeschrieben haben". Wenn die Bibel schon am Anfang Märchen erzählt wie z.B. über die Entstehung der Menschen und Tiere oder die Sintflut, warum sollte man dann glauben, dass die restlichen Geschichten wahr sind?

Der Kern der Botschaft (Gottes Heilsplan mit den Menschen) unterscheidet sich stark im NT vom AT, aber das wäre ein eigenes Thema.

Von: Daniel Nixdorf
◷ 28 Februar
(vor 1 Jahr)

Wenn es hier darum ginge zur Wahrheitsfindung beizutragen, wäre es nicht primär wichtig was irgendein Einzelner auf den ersten Blick für plausibel oder unplausibel hält. Sondern auch in der atheistischen Wissenschaft prüft man Thesen möglichst sorgfältig und arbeitet sich daran entlang. Sicherlich aber hier in dem Format nicht angebracht ewig unwahrscheinliche Dinge auszuführen, aber das war oben kurz und übersichtlich - und wer weiß denn ob eben nicht doch eine der unwahrscheinlichen Dinge stimmt und für Mitleser vielleicht interessant, auch diese Möglichkeiten mal kurz gehört zu haben. Hier ist zwar schon eine Möglichkeit dominierend und die anderen fallen stark ab, aber das muss nicht immer so sein und eine generelle Beschränkung auf nur eine ist wenig zielführend.

Generell macht es aber in der Tat hier sowieso keinen Sinn sich noch weiter zu beteiligen. Wenn es nur darum geht eine persönliche Eigenmeinung darzustellen, und die Antwortenden sich dann daran abarbeiten müssen, ist Zeit und Mühe wirklich verschenkt. Insofern führt die URL „Bibellexikon“ und die Möglichkeit für Dritte hier mitzumachen in die Irre, da das zwar andeutet es ginge um objektive Wahrheitsfindung, aber wie man ja sieht eher darum eine subjektive Einzelmeinung zu bestätigen. Da passt eine ziel-offene Debatte inkl. diverser Varianten und Abzweige sicher nicht gut dazu.

Unterm Strich ist ja schon anhand der Themen auf die hier eingegangen wurde (auch von anderen) klar geworden, dass viele der hier aufgeführten angeblichen Widersprüche evtl. eigentlich nur Missverständnisse beim Übersetzen, Lesen, Verstehen, Auslegen sind.

Dazu kommt eine größere Kategorie von evtl. ungenauen Zahlenangaben, die man teils auch mit biblischer Zahlensymbolik ( = Bildhaftigkeit), der generell nicht so ausgeprägten exakten Mathematik bei den Hebräern oder teils überirdischen Erklärungen beantworten kann (bspw. wie der Stab Aarons in die Bundeslade passt, die ja als Wohnung Gottes übernatürliche Aspekte hat und deren Inneres nicht unbedingt an Raum & Zeit gebunden sein muss). Das betrifft natürlich innerbiblische Glaubensthemen ohne die das nicht funktioniert, sind aber eben im inneren Glaubenssystem der Bibel keine wirklichen Widersprüche.

Ansonsten dann noch ein Teil Text-Korruption ("Verdunklung") bspw. z.T. beim Masoretischen Text (die Sache mit Saul und David oder die Länge des Aufenthalts in Ägypten) und am Ende bleiben nur ein oder zwei Dutzend Dinge übrig, die wirklich Kopfzerbrechen bereiten können (zumindest für gläubige, gefestigte Christen). Das sind im Vergleich zur Menge der Schriften und insgesamt bei der Länge der Zeiträume sehr niedrige Prozentzahlen und hohe Überlieferungsqualität.

Nichtsdestotrotz sind von den paar Dutzend offenen Fragen einige schon sehr interessant und auch keine Nebensächlichkeiten, wie bspw. die unterschiedlichen Chronologien des Herrn Jesus Christus oder die Dauer der 3-Tage-im-Grab. Ich hätte auch ursprünglich mal gedacht, dass man vielleicht erst mal bei den kleinen Themen anfangen kann und dann irgendwann dahin kommt. Aber so wie es jetzt gelaufen ist, sind die kleinen Themen eigentlich recht gut erklär- und kategorisierbar und die meisten werden wohl ähnlichen Mustern folgen, wie die schon besprochenen. Insofern, wenn man es mit der Bibel gut meint, eigentlich ausreichend/ befriedigend die Erkenntnis gewonnen zu haben und darüber nicht mehr zu stolpern. Und die paar größeren wirklichen Widersprüche & Kopfnüsse sind mir mittlerweile zu schade, um sich hier in dem Umfeld daran zu versuchen und besser anderswo aufgehoben. Wie auch alles andere (bspw. Verhältnis AT zu NT) sich ohnehin an genügend anderen Plätzen findet (on- & offline). Die Seite und das Format hier hätten auch aus christlicher Perspektive einen Mehrwert & Nutzen haben können, wenn man offenere Beiträge bringen kann und versuchen zu objektiven Aussagen zu kommen, die generell von Interesse sind – aber wenn es sowieso primär (letztlich mehr oder weniger) auf die subjektive Einzelmeinung des Erstellers/ Betreibers hier hinausläuft und sich daran alles andere permanent messen soll, ist das hinfällig.